Sex-Phantasie vs. Privatsphäre

No Porn warning sign

Von wegen "Privatsphäre-Einstellungen" ... Sex-Phantasien können peinlich werden, zeigt der 3min31-Animationsfilm von Bin-Han To. Sind sie also verboten? Mit Schülern zusammen lässt sich damit in Zeiten digitaler Entgrenzung um angemessene Umgangsformen mit dem anderen Geschlecht ringen.

Social Media ziehen Schamgrenzen offensichtlich neu: Die totale digitale Entgrenzung macht es schwer, auch in privaten Beziehungen angemessenes Verhalten zu zeigen. “Privatsphäre-Einstellungen” können da gerade für Jugendliche unbeabsichtigt zum Fallstrick werden. Umso besser, wenn Animations-Regisseur Bin-Han To (Twitter: @Biniman) das aufgrund seiner Herkunft  mit “OPHELIA: LOVE & PRIVACY_SETTINGS” auch transkulturell im Unterricht behandelbar macht. Schon in Arbeiten für “Der Kleine und das Biest” und “The present (das Geschenk)” zeigte er die unterrichtliche Relevanz seiner Produktion. Der Kurzfilm – gem. §60a UrhG als Werk “geringen Umfangs” vollständig unterrichtlich verwendbar (unter Beachtung der YouTube-Nutzungsbedingungen) – wird hier als interaktives Lernelement mit Stops und Quizfragen angeboten (H5P interactive video):

Die Grenze zwischen “nur Gedachtem”=Gedankenblase und “Ausgesprochenem”=Sprechblase ist nur in der ersten Szene klarer gezogen, als “Posts” gestaltet ist bei den Sex-Phantasien dann mit Absicht unklar, wie “öffentlich” sie werden – genau das bezeichnet wohl das Problem der “privacy settings” für Anwender.

Die herkömmliche Gender-Perspektive des Films ist nicht von der Hand zu weisen, kann aber beim Unterricht hilfreich thematisiert werden: z.B. Vermutungen anstellen, ob der Film von einer Frau oder einem Mann gemacht wurde und Begründungen dafür geben. Oder: Frauen geben Auskunft, wo sie selbst die Grenze zwischen anregend und offensiv bei sexuellen Phantasien ziehen würden (ob sie dem Regisseur darin Recht geben würden oder nicht).

Der Regisseur äußert sich auf der Filmhomepage zum visuellen “Making-Of” (siehe dort), darunter auch die Wahl der “portugiesischen” Lokalisierung der Handlung. Sein Film thematisiert für ihn das Ende der Privatsphäre und stellt seine Abschlussarbeit des Animationskurses bei der Ludwigsburger Filmhochschule 2013 dar.

Die Namensgebung des weiblichen Parts mit “Ophelia” kann auf eine bekannte Frauenrolle in Shakespeares Hamlet verweisen. Sie wird dort als naiv und (der Zeit entsprechend) patriarchal-abhängig von männlichen Vormündern charakterisiert (siehe Lektürehilfe). Sie lässt sich von ihnen abbringen, Hamlet zu lieben, weil ihr eingeredet wird, ihm gehe es nur um seine sexuelle Befriedigung und er habe nicht ernsthaft die Absicht, sie zu heiraten. Zum Schluss wird sie wahnsinnig und geht ins Wasser (4.Akt, siehe Inhaltsangabe). Womöglich hilft dieser Hintergrund zum Verständnis in bildungsbeflissenen Adressatengruppen.

Bildungsplanbezug Bildungspläne Baden-Württemberg 2016

  • REV GY Kl. 9-10 = Sek.I Kl. 10(3.3.1 Mensch) Schüler*innen können “sich mit Ausprägungen von Liebe, Partnerschaft und Sexualität auseinandersetzen (zum Beispiel in kultureller Bedingtheit, gesellschaftlichem Wandel, medialer Darstellung, biblischer Deutung)” (TK 4 = TK 1 E  Mögliche Fachbegriffe: Ebenbild Gottes, Verantwortung, Gleichberechtigung).
  • REV Sek. I Kl. 7-9 (3.2.2. Welt und Verantwortung) Schüler*innen können “Möglichkeiten für einen christlich verantworteten Umgang mit ethischen Herausforderungen (z. B. … Online-Verhalten…) erläutern” (TK 2 M)
  • REV GY Kl. 7-8 (3.2.1. Mensch) Schüler*innen können “Hintergründe krisenhafter Situationen (zum Beispiel … Liebeskummer…) und Strategien zur deren Bewältigung entfalten” (TK 3 – Mögliche Fachbegriffe: … Umgang mit digitalen Medien; Kommunikation in sozialen Netzwerken; … Identität; … soziale Rolle)

Bildquellen:

Michael Beisel
Michael Beisel

Pfr. Michael Beisel ist Mitarbeiter des Projekts "Wichtige Bilder der Religionspädagogik" des Religionspädagogischen Instituts der Evang. Landeskirche in Baden

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