Bibel in Bildern: Wie Comics im Religionsunterricht genutzt werden können

http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2015/10/04/drk_20151004_1455_b8b3f914.mp3 In der Bibel stehen viele Worte, aber die kommen bei Kindern oft nicht mehr an. Die Universität Paderborn bietet Lehrern einen Ausweg: Ein Comic-Seminar für den Religionsunterricht. Dafür greifen die Teilnehmer auch selbst zum Stift. “Leer war die Welt und ohne Sinn Drum ist im ersten Bild nichts drin Dann sprach Gott: “Es werd’…

In der Bibel stehen viele Worte, aber die kommen bei Kindern oft nicht mehr an. Die Universität Paderborn bietet Lehrern einen Ausweg: Ein Comic-Seminar für den Religionsunterricht. Dafür greifen die Teilnehmer auch selbst zum Stift.

“Leer war die Welt und ohne Sinn
Drum ist im ersten Bild nichts drin
Dann sprach Gott: “Es werd’ ein Strich”
Doch der war ziemlich krakelig.”

Marion Keuchen steht vor einer Gruppe Lehrerinnen, Referendarinnen und Studierenden und zitiert einen Bibel-Comic des Autors Ralf König. Die Religionslehrerin hält gemeinsam mit ihrer Kollegin Doris Möhring ein besonderes Seminar an der Universität Paderborn. Darin geht es um die Verwendung von Comics im Religionsunterricht.

“Es geht einfach darum, dass wir an dem Medium besonders passend finden, dass eben grade durch die Text-Bild-Kombination einfach auch schwierige Inhalte transportiert werden können.”

… erklärt Professorin Corinna Koch von der Universität Paderborn. Sie hatte die Idee, Lehrkräfte intensiver an das Format Comic heranzuführen.

“Es hilft natürlich, Text zu verstehen, wenn gleichzeitig auch Bilder da sind, die eben bestimmte Begrifflichkeiten vorentlasten, weil die Dinge auch im Bild gezeigt werden. Und Sie haben die Möglichkeit, Bewegungen darzustellen, obwohl sich die Bilder an sich nicht bewegen. Sie haben die Möglichkeit, Akustik darzustellen, obwohl Sie eigentlich keinen Ton haben.”

Bibelszenen in Szenen aus der modernen Welt verpacken – das kann eine gute Methode sein, um die Thematik für Schüler verständlich zu machen, meint Marion Keuchen:

“Bibel wird oft verbunden mit: ‘Ist alt, ist unverständlich, verstehe ich nicht, vertraubt, kenne ich auch gar nicht.’ Also so Alltagselemente in den Geschichten, das kommt an, da wird die Distanz zumindest optisch verringert.”

“Einige Bilder aus diesem sehr bildreichen Psalm bleiben”

Ihre Kollegin Doris Möhring ergänzt, dass die visuelle Anpassung der biblischen Botschaft an das Alltagsleben eigentlich nichts Neues ist und verweist auf die illustrierten Armenbibeln aus dem Mittelalter:

“Die haben  auch nicht immer angesetzt wie vor 2.000 Jahren, sondern die änderten sich ständig. Auf den Gemälden in den Kirchen auch sichtbar, sind die immer in der Kleidung ihrer Zeit.”

Als Beispiel für eine moderne Darstellung führt Marion Keuchen einen Bibel-Comic von Rüdiger Pfeffer an. Der Comic-Zeichner lässt Maria ein Fußballspiel schauen, als heftig flimmernd eine Bildstörung auftritt und der Verkündigungsengel aus dem Fernseher steigt. Der Engel beruhigt die erschrockene Maria mit den biblischen Worten: “Du hast Gnade bei Gott gefunden”.

“Mit der Situation kann man im Unterricht natürlich wunderbar arbeiten. Also wie kann man sich das vorstellen und wie reagiert Maria auf die Unterbrechung des Alltags?”

Doris Möhring unterrichtet neben Religion auch Kunst. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoll ist, mit Schülern eigene Bibel-Comics zu zeichnen.

“Wir wachsen mit unglaublich vielen Bildern mittlerweile auf. Das ist ständig präsent. Und ich versuche, die Bilder in die biblische Realität reinzubringen, da eine Verbindung zu ziehen. Was ich zum Beispiel gerne mache, ist zum Thema Psalmen, da nehme ich den Psalm 22. Den lese ich einfach vor und ich weiß, die Kinder verstehen nichts. Aber einige Bilder aus diesem sehr bildreichen Psalm bleiben. Und die lasse ich malen.”

Ein Herz, das wie zerschmolzenes Wachs im Körper hängt oder ein brüllender Löwe, dem König David hilflos ausgesetzt ist – solche Bilder aus dem Psalm mal eben zu zeichnen ist allerdings aufgrund der begrenzten Unterrichtszeit nicht immer einfach.

“Also sechs Bilder, das schaffen vielleicht fünf von Ihren Schülern in Nullkommanix, die sind in 45 Minuten fertig. Und andere brauchen drei Stunden, das ist schon viel. Um ein bisschen Zeit zu sparen, ist es schön, wenn man schon mal die Panels setzt. Und man sagt: “So, die Sprechblasen, das macht ihr jetzt mal”. Oder: “Markiert mal, wo läuft denn Jesus”, je nach dem Niveau der Schüler kann man das entsprechend ausrichten.”

Die Workshop-Teilnehmerinnen greifen auch selber zu Stift und Papier

Um ein Gefühl für die Praxis zu bekommen, greifen die Workshop-Teilnehmerinnen auch selber zu Stift und Papier. Marie-Luise Huesmann, Religionslehrerin aus Bielefeld, hat die Auferstehungsgeschichte als Comic umgesetzt.

“Also ich habe mich erstmal gefragt, welche Dinge finde ich an der Erzählung eigentlich wichtig. Und ich bin dann eben darauf gekommen, dass ich dieses Symbol oder dieses Bild des Sonnenaufgangs da sehr stark mit reinbringe. Ich habe mich deshalb auch auf diese Farben begrenzt, also Braun, Schwarz und Gelb-Orange für den Sonnenaufgang, weil ich denke, das ist das auch ist, worum es in dieser Erzählung geht – also diese Unterscheidung zwischen Leben und Tod, das Grab als Ort des Todes, wo eben das Leben eigentlich neu beginnt in der Geschichte.”

Auch wenn sie den Einsatz von Comics im Religionsunterricht für eine Bereicherung halten, sehen Marion Keuchen und Doris Möhring trotzdem Grenzen.

Marion Keuchen: “Man muss etwas aufpassen, dass man sich nicht anbiedert, also dass man nicht probiert, die musikalischen und visuellen Welten der Schüler und Schülerinnen bewusst in den Unterricht einzubringen, um die Distanz zu verringern. Also es gibt auch Bereiche in Kinder- und Jugendkulturen, die würde ich schützen, die würde ich bewusst nicht didaktisieren.”

Doris Möhring: “Im Bereich Comic ist es zum Beispiel Manga. Das ist wirklich eine eigene Lebewelt und das können die Schüler reinbringen. Aber ich muss nicht als Lehrerin, die ich da keine Ahnung von habe, mir jetzt zwanghaft irgendwie einen Manga zusammenbauen und am besten noch didaktisieren, so dass auch ich ihn verstehe. Dann habe ich diesen Manga zerstört.”

Autor: Simon Schomäcker

Artikel mit freundliche Genehmigung von Autor Simon Schomäcker,
zuerst erschienen am 4.10.2015 bei Deutschlandradio Kultur

Jörg (rpi-News-Autor) Lohrer
Jörg (rpi-News-Autor) Lohrer
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