Im Folgenden die Erklärung „Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts. Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht“ / hg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Bonn 22. November 2016. – 39 S. – (Die deutschen Bischöfe ; 103) Vorwort Vor zwanzig Jahren legten die deutschen Bischöfe mit der Erklärung Die bildende Kraft des Religionsunterrichts (1996) eine bildungstheoretische Begründung…
Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts – Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz
Im Folgenden die Erklärung „Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts. Empfehlungen für die Kooperation des katholischen mit dem evangelischen Religionsunterricht“ / hg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Bonn 22. November 2016. – 39 S. – (Die deutschen Bischöfe ; 103)
Vorwort
Vor zwanzig Jahren legten die deutschen Bischöfe mit der Erklärung Die bildende Kraft des Religionsunterrichts (1996) eine bildungstheoretische Begründung des konfessionellen Religionsunterrichts in der Schule vor, die den Beschluss der Würzburger Synode Der Religionsunterricht in der Schule (1975) inhaltlich fortschrieb. In der Debatte um alternative, meist nicht-konfessionelle Konzeptionen des Religionsunterrichts, wie sie nach der Erlangung der deutschen Einheit vor allem mit Blick auf die religiös-weltanschauliche Situation in den damals neuen Bundesländern geführt wurde, sah sich die Kirche herausgefordert, das Konfessionalitätsprinzip neu zu bedenken und zu begründen. Das entschiedene Plädoyer für einen Religionsunterricht, der die Entwicklung einer eigenen „gesprächsfähigen Identität“ der Schülerinnen und Schüler fördert und das didaktische Prinzip der „wechselseitigen Perspektivenübernahme“ haben die religionsdidaktischen Konzepte nachhaltig beeinflusst. Gleichzeitig hat die Erklärung den Weg für eine didaktisch reflektierte Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht eröffnet.
Seither hat sich die Situation des Religionsunterrichts in der Schule deutlich verändert. Die rückläufige Zahl der katholischen und evangelischen Schülerinnen und Schüler erschwert in vielen Regionen Deutschlands die parallele Einrichtung von katholischem und evangelischem Religionsunterricht. In einigen Bundesländern wurden in den vergangenen Jahren Erfahrungen mit einer erweiterten Kooperation beider Fächer gesammelt, die auch die Einrichtung gemischt-konfessioneller Lerngruppen vorsieht. Angesichts dieser Entwicklungen ist es notwendig, das Verständnis des konfessionellen Religionsunterrichts weiterzuentwickeln. Auf der Grundlage von theologischen Überlegungen zum gegenwärtigen Stand der ökumenischen Beziehungen der katholischen Kirche zu den Kirchen der Reformation werden in der vorliegenden Erklärung religionspädagogische Empfehlungen für eine Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht gegeben und rechtliche Eckpunkte der Kooperation in Erinnerung gerufen.
Mit dieser Erklärung wollen die deutschen Bischöfe kein Modell einer Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht vorlegen, sondern einen Rahmen aufzeigen, innerhalb dessen die Diözesen zusammen mit den evangelischen Landeskirchen eigene Formen der Kooperation entwickeln können, die den regionalen Gegebenheiten gerecht werden und den konfessionellen Religionsunterricht in den Schulen stärken.
Die hohe Akzeptanz, die der Religionsunterricht bei Lehrern, Eltern und Schülern findet, ist vor allem das Verdienst der Religionslehrerinnen und Religionslehrer. Ihnen gebührt mein aufrichtiger und herzlicher Dank. Den Dank verbinde ich mit der Hoffnung, dass Sie die Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht aktiv mitgestalten.
Reinhard Kardinal Marx Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Bonn/München, den 22. November 2016
1. Einleitung
Religionsunterricht ist integraler Teil schulischer Bildung. Er dient dem Erwerb religiöser Sprach- und Orientierungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Der Religionsunterricht erschließt ihnen den spezifischen religiösen Weltzugang, der durch keinen anderen Modus der Welterfahrung ersetzt werden kann.(1). Auf diese Weise können sie Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit Religion erwerben und Antworten auf ihre Sinn- und Lebensfragen finden.
Der schulische Religionsunterricht ist konfessioneller Religionsunterricht, d. h. er erschließt den Glauben und die Glaubenspraxis einer Kirche oder Religionsgemeinschaft in der Binnenoder Teilnehmerperspektive. In der unterrichtlichen Beschäftigung mit dem Wahrheitsanspruch einer bestimmten religiösen Tradition werden die Schülerinnen und Schüler herausgefordert, eine eigene, reflektierte Position zu religiösen und moralischen Fragen einzunehmen und anderen gegenüber argumentativ zu vertreten. Sie erwerben ein Verständnis für religiöse Wahrheitsansprüche und für die Bedeutung einer starken Form von Toleranz, die religiös-weltanschauliche Differenzen ernst nimmt. Beides ist für das Zusammenleben in einer religiös und weltanschaulich pluralen Gesellschaft unverzichtbar. Konfessionalität ist somit ein Qualitätsmerkmal des Religionsunterrichts.
Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland ist konfessioneller Unterricht. Art. 7 Abs. 3 bestimmt, dass der Religionsunterricht ein „ordentliches Lehrfach“ ist, das „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ erteilt wird. D. h. der Religionsunterricht ist ein staatliches Unterrichtsfach, dessen Ziele und Inhalte im Rahmen des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrags von der jeweiligen Kirche oder Religionsgemeinschaft verantwortet werden. Diese grundgesetzlichen Bestimmungen garantieren, dass es in einer religiös pluralen Gesellschaft auch ein plurales Angebot religiös bildender Fächer in der Schule gibt.
Der konfessionelle Religionsunterricht ist auch in einer religiös pluralen Gesellschaft ein pädagogisch sinnvolles Angebot. Denn die Pluralität von religiös bildenden Fächern eröffnet Möglichkeiten interreligiösen Lernens, die von den Lehrkräften als den Experten einer bestimmten Konfession oder Religion didaktisch gestaltet und begleitet werden. Der konfessionelle Religionsunterricht verbindet auf diese Weise die Förderung religiöser Dialogfähigkeit mit der Entwicklung einer eigenen religiösen Position.
Zur Konfessionalität des katholischen Religionsunterrichts gehört eine grundlegende ökumenische Offenheit. Deshalb haben die deutschen Bischöfe in ihrer Erklärung Die bildende Kraft des Religionsunterrichts von 1996 ausdrücklich eine begrenzte Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht befürwortet (vgl. Kap. 2). Seither hat sich die Situation des Religionsunterrichts in der Schule verändert. Infolge des Rückgangs der Zahl getaufter Schülerinnen und Schüler wird die parallele Einrichtung von katholischen und evangelischen Lerngruppen oftmals nur unter erschwerten Bedingungen und in manchen Regionen und Schulformen gar nicht mehr möglich sein. Zudem wurden in einigen Bundesländern positive Erfahrungen mit einer erweiterten Kooperation gemacht, die die Einrichtung gemischt-konfessioneller Lerngruppen ermöglicht (vgl. Kap. 3). Daher stellt sich gegenwärtig die Frage, ob und wie eine erweiterte Kooperation den konfessionellen Religionsunterricht in der Schule sichern und zu seiner Qualitätsentwicklung beitragen kann. Aufgrund der regionalen Unterschiede kann diese Frage nicht auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz beantwortet werden. Wohl aber können die theologisch-systematischen Grundlagen einer erweiterten Kooperation skizziert, religionspädagogische Empfehlungen gegeben und rechtliche Eckpunkte in Erinnerung gerufen werden (vgl. Kap. 4). Damit wird ein Rahmen für die Entwicklung von regionalen Modellen der Kooperation beschrieben.
Die vorliegende Erklärung beschränkt sich auf die Frage der Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht(2) und ergänzt damit die vorhandenen Erklärungen der deutschen Bischöfe zum Religionsunterricht. Sie richtet sich vor allem an die für den Religionsunterricht Verantwortlichen in den Diözesen und Bundesländern, aber auch an die Religionslehrkräfte, an Eltern und Schüler, an Schulleitungen und an die interessierte Öffentlichkeit.
2. Konfessioneller Religionsunterricht in ökumenischem Geist
In ihrer Erklärung Die bildende Kraft des Religionsunterrichts von 1996 haben die deutschen Bischöfe den katholischen Religionsunterricht in der Schule als konfessionellen Religionsunterricht bezeichnet, „der in ökumenischem Geist erteilt werden (muss)“.(3) Dem liegt ein Verständnis von Konfessionalität zugrunde, das nicht mit Selbstbeharrung, Abgrenzung oder Selbstisolierung verwechselt werden darf. Zum katholischen Verständnis von Konfessionalität gehören vielmehr „eine grundlegende Öffnung zu den anderen christlichen Konfessionen und die hierfür notwendige Dialogbereitschaft“.(4)
Die Entwicklung einer „gesprächsfähigen Identität“,(5) die der katholische Religionsunterricht fördert, schließt die Fähigkeit und Bereitschaft, eine religiöse Überzeugung auszubilden und zu vertreten, ebenso ein wie die Fähigkeit und Bereitschaft, sich mit Andersgläubigen und Nicht-Glaubenden zu verständigen. Beide Fähigkeiten bedingen einander. Nur wer eine eigene Überzeugung hat, kann in einen gehaltvollen Dialog mit anderen eintreten. Umgekehrt gilt aber auch, dass die eigene Überzeugung sich im Dialog mit anderen bildet und weiterentwickelt. Dazu gehört eine starke Form von Toleranz, die die Andersheit des anderen anerkennt und als Anfrage an eigene Überzeugungen ernst nimmt. In diesem Sinne kann man auch von einer pluralitätsfähigen Identität sprechen.
Konfession meint theologisch zunächst die Glaubensbekenntnisse, insbesondere das Taufbekenntnis, das der Einzelne spricht. Schon im Neuen Testament wird der Glaube der Christen in kurzen, prägnanten Formulierungen kommuniziert. Diese Bekenntnisse, denen später das Apostolikum und das nizänisch-konstantinopolitanische Bekenntnis folgten, die auch im Gottesdienst gesprochen werden, dienten der Selbstvergewisserung der Gemeinden und prägen bis heute das Denken und die Theologie der Kirche. Die Bekenntnistexte dürfen jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Sie sind als Bekenntnisse der Kirche eingebunden in das Leben des pilgernden Volkes Gottes in der Geschichte, zu dem auch Gebet, Gottesdienst, Sakramente, Ämter, Diakonie u. a. m. gehören. „Es geht also um das konkret gelebte und gelehrte Zeugnis des Glaubens im Raum der Kirche.“(6)
Der konfessionelle Religionsunterricht zielt über die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten im Umgang mit dem christlichen Glauben und anderen Religionen auf die Entwicklung religiöser Orientierungsfähigkeit im persönlichen und gesellschaftlichen Leben. Er verbindet die Frage, was Menschen glauben, mit der Frage, was der oder die Einzelne begründet glauben kann und soll. In der Auseinandersetzung mit dem Wahrheitsanspruch und der existenziellen, die Lebensgestaltung herausfordernden Bedeutung des christlichen Glaubens können die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen religiösen und moralischen Überzeugungen prüfen, ggf. revidieren und weiterentwickeln. Sie lernen, einen eigenen begründeten Standpunkt einzunehmen und anderen gegenüber zu vertreten. Der Erwerb einer solchen konfessorischen Kompetenz auf der hermeneutischen Grundlage einer bestimmten religiösen Tradition ist ein Qualitätsmerkmal des konfessionellen Religionsunterrichts, das ihn von einem religionskundlichen Unterricht unterscheidet.
Der christliche Glaube hat eine kirchliche Dimension. Im Religionsunterricht werden daher auch Zugehörigkeitsfragen erörtert. Dazu gehört insbesondere die Frage, was es bedeutet, getauft zu sein und zur Kirche zu gehören. Diese Frage ist nicht nur für die katholischen Schülerinnen und Schüler von Bedeutung, sondern ebenso für die anderen Schülerinnen und Schüler, die am katholischen Religionsunterricht teilnehmen. Die bewusste Zugehörigkeit (oder ggf. auch Nicht-Zugehörigkeit) zur Kirche gehört zur religiösen Mündigkeit, die der Religionsunterricht fördern will.
Der katholische Religionsunterricht ist ein schulischer Religionsunterricht, der im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsauftrags der öffentlichen Schule erteilt wird. Seine Eigenart besteht darin, „dass er dazu berufen ist, in den Bereich der Kultur einzudringen und sich mit den anderen Wissensinhalten in Beziehung zu setzen“.(7) Deshalb „versucht der katholische Religionsunterricht, den Glauben im Dialog mit den Erfahrungen und Überzeugungen der Schülerinnen und Schüler, mit dem Wissen und den Erkenntnissen der anderen Fächer, mit den gegenwärtigen Fragen der Lebens- und Weltgestaltung und mit den Positionen anderer Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen zu erschließen. Die dialogische Erschließung erfordert von allen am Unterrichtsgeschehen Beteiligten die Bereitschaft und Fähigkeit, die eigene Perspektive als begrenzte zu erkennen, aus der Perspektive anderer sehen zu lernen und neue Perspektiven dazuzugewinnen. Perspektivenübernahme ist ein didaktisches Grundprinzip des Religionsunterrichts“. (8) Die zentrale Aufgabe des Religionsunterrichts besteht in der Förderung der religiösen Dialog- und Urteilsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Dazu gehören auch die Vermittlung von Grundwissen über den christlichen Glauben und andere Religionen sowie die reflexive Erschließung von Formen gelebten Glaubens. Diese drei Aufgaben bilden das Fachprofil des katholischen Religionsunterrichts. (9)
Konfessionalität und ökumenische Offenheit schließen einander nicht aus. Das Zweite Vatikanische Konzil hat in der Erklärung Unitatis redintegratio den Willen der katholischen Kirche bezeugt, den ökumenischen Dialog und die Zusammenarbeit mit den anderen Kirchen zu suchen. Seither sind bedeutsame Fortschritte in der Verständigung und Zusammenarbeit zwischen den christlichen Konfessionen in fast allen Bereichen des kirchlichen Lebens festzustellen. Zu den wichtigen Erfahrungen in der ökumenischen Zusammenarbeit der vergangenen Jahrzehnte gehört die Einsicht, dass Ökumene nicht gelingen kann, wenn von den jeweiligen konfessionellen Prägungen einfach abstrahiert wird. Es gibt kein Christentum oberhalb oder jenseits der Konfessionen, wie sie sich historisch herausgebildet haben. Glaube, Frömmigkeit, Moral, Gemeindeleben, Kirchenstruktur, Theologie oder auch die Religionspädagogik sind konfessionell geprägt. Diese konfessionell bestimmten Kulturen, die auch im säkularen Bereich wirksam sind, werden oft erst in der Begegnung mit anderen bewusst. Die konfessionelle Prägung des Christentums muss auch positiv bewertet werden. Die Trennung der Christen ist zweifellos ein zu überwindendes Übel. Aber die konfessionellen Kulturen zeugen auch vom Reichtum des Christentums in der Geschichte, den es im interkonfessionellen Dialog zu erschließen gilt.
Der ökumenische Dialog – und dazu gehört auch das ökumenische Lernen – darf daher die konfessionelle Prägung der Kirchen nicht außer Acht lassen. „Aber wenn es gelingt, auch mit den Augen anderer Konfessionen zu sehen, dann kann Ökumene gedeihen. Genau dies aber ist die ökumenische Öffnung, die der konfessionelle Religionsunterricht noch entschiedener als bisher vollziehen muss.“(10) Die Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht dient dieser ökumenischen Öffnung und wird daher ausdrücklich befürwortet. Eine sinnvolle Zusammenarbeit führt nicht zur Auflösung oder Verschmelzung der Fächer. Vielmehr muss jedes Fach in die Kooperation seine besondere Sicht einbringen und sie darin anwenden. Die Kooperation beider Fächer ist daher von einem überkonfessionellen, christlichen Religionsunterricht, den die katholische und die evangelische Kirche gemeinsam verantworten würden, und erst recht von Modellen eines multireligiösen oder religionskundlichen Unterrichts zu unterscheiden. Grundsätzlich gilt daher: „Was zwischen den Kirchen an Kooperation möglich ist, kann auch für die beiden Fächer nutzbar gemacht werden.“(11) In der Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht sollen die Schülerinnen und Schüler Einsicht in die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Konfessionen gewinnen, Toleranz und Verständnis füreinander ein- üben und vor allem zu einem besseren Verständnis des Evangeliums gelangen.
Sowohl in der bischöflichen Erklärung Die bildende Kraft des Religionsunterrichts als auch in der Vereinbarung der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Zur Kooperation von Evangelischem und Katholischem Religionsunterricht (1998) werden eine Reihe von Kooperationsmöglichkeiten genannt, zu denen auch ein „zeitweiliges team-teaching von bestimmten Themen und Unterrichtsreihen“ in gemischt-konfessionellen Lerngruppen gehört.(12) Dabei wird davon ausgegangen, dass der katholische und der evangelische Religionsunterricht parallel erteilt und im Regelfall von den Angehörigen der jeweiligen Konfession besucht werden. Diese allgemeine Regelung schließt nicht aus, dass auch Schülerinnen und Schüler einer anderen Konfession am katholischen Religionsunterricht teilnehmen können, insbesondere „wenn der Religionsunterricht dieser Konfession nicht angeboten werden kann und das Profil des katholischen Religionsunterrichts nicht in Frage gestellt wird“.(13) Die ErklärungDie bildende Kraft des Religionsunterrichts hat somit den „Weg zu einem begrenzten konfessionell-kooperativen Religionsunterricht unter Wahrung der konkreten kirchlichen Bindung eröffnet“.(14)
3. Die veränderte Situation des Religionsunterricht
Seit der Veröffentlichung der ErklärungDie bildende Kraft des Religionsunterrichts sind nunmehr 20 Jahre vergangen, in denen sich die Situation des schulischen Religionsunterrichts in mancher Hinsicht verändert hat. Hier ist zunächst die Entwicklung der Religionsdemographie zu nennen. Seit Jahren geht der Anteil der in einer katholischen Diözese oder in einer evangelischen Landeskirche getauften Kinder und Jugendlichen zurück. Gegenwärtig wird etwas weniger als die Hälfte der Neugeborenen im ersten Lebensjahr getauft. Entsprechend sinkt auch der Anteil der katholischen und evangelischen Schülerinnen und Schüler an der Gesamtschülerschaft und steigt der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die keiner Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören. In den städtischen Regionen West- und Süddeutschlands nimmt zudem der Anteil muslimischer Schülerinnen und Schüler leicht zu, für die in mehreren Bundesländern ein islamischer Religionsunterricht angeboten wird. Auf einem allerdings statistisch niedrigen Niveau steigt auch die Zahl der Angehörigen anderer christlicher Kirchen, insbesondere orthodoxer Kirchen, und anderer Religionsgemeinschaften.
Die religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung und damit auch der Schülerschaft ist schon aus historischen Gründen in den verschiedenen Regionen Deutschlands sehr unterschiedlich. Daher haben die religionsdemographischen Veränderungen auch regional unterschiedliche Auswirkungen auf den Religionsunterricht in der Schule. Solche Unterschiede bestehen nicht nur zwischen den Bundesländern, sondern auch zwischen Regionen innerhalb eines Bundeslandes, bisweilen sogar zwischen verschiedenen Stadtteilen. Der Rückgang der Taufen wird in den katholischen Mehrheitsgebieten dazu führen, dass die konfessionellen Lerngruppen kleiner werden. In vielen gemischt-konfessionellen Regionen – und dazu zählen die meisten Regionen Deutschlands – wird hingegen die parallele Einrichtung von konfessionell homogenen katholischen und evangelischen Lerngruppen kaum noch oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich sein, weil die Zahl der katholischen oder der evangelischen Schülerinnen und Schüler unterhalb der für die Einrichtung von Lerngruppen vorgeschriebenen Mindestgröße liegt. Das gilt erst recht für die Gebiete der Diaspora. In den ostdeutschen Bundesländern ist zwar kein Rückgang der Taufen festzustellen. Die geringe Zahl der Christinnen und Christen insgesamt aber hat zur Folge, dass der katholische oder der evangelische Religionsunterricht nur erteilt werden kann, weil auch die Angehörigen der anderen Konfession und oftmals auch eine größere Gruppe von Schülerinnen und Schülern daran teilnehmen, die keiner Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören.
Zudem haben sich in den vergangenen Jahren weitere religiös und ethisch bildende Fächer in den Schulen etabliert. In mehreren westdeutschen Bundesländern wurden schul- und hochschulpolitische Maßnahmen getroffen, die den muslimischen Schülerinnen und Schülern den Besuch eines islamischen Religionsunterrichts nach Art. 7 Abs. 3 GG ermöglichen. An mehreren Orten konnte auch Religionsunterricht für in Deutschland zahlenmäßig kleinere Kirchen (z. B. orthodoxer Religionsunterricht) oder Religionsgemeinschaften (z. B. jüdischer Religionsunterricht) eingerichtet werden. In den ostdeutschen Bundesländern nimmt schon seit den 90er Jahren nur eine Minderheit der Schülerinnen und Schüler am Religionsunterricht teil; die große Mehrheit besucht Ethikunterricht.(15) In den westdeutschen Bundesländern nimmt die Zahl der Schülerinnen und Schüler zu, die am Ethikunterricht teilnehmen.
Die veränderte religiöse Zusammensetzung der Schülerschaft führt in einigen Regionen Deutschlands zur Bildung von jahrgangs- und schulübergreifenden Lerngruppen im katholischen Religionsunterricht, die bisweilen in den Räumen der Kirchengemeinde unterrichtet werden. Diese Modelle lassen sich jedoch nicht auf andere Regionen übertragen. Denn nicht selten stoßen sie auf erhebliche schulorganisatorische Schwierigkeiten oder auf mangelnde Akzeptanz bei Eltern, Schülern und Lehrkräften. Faktisch fördern sie die Marginalisierung des Religionsunterrichts im Schulleben und stellen seine Bedeutung als integraler Teil schulischer Bildung in Frage. Daher ist zu fragen, ob die bestehenden Vorgaben zur Aufnahme anderskonfessioneller Schülerinnen und Schüler am katholischen Religionsunterricht nicht erweitert werden müssen. Diese Frage lässt sich nicht nur unter schulorganisatorischen Gesichtspunkten beantworten. Eine veränderte Zusammensetzung der Lerngruppen hat in einem schülerorientierten Unterricht Auswirkungen auf die Ziele, die Inhalte und die Gestaltung des Religionsunterrichts, die es theologisch und religionsdidaktisch zu bedenken gilt.
In den vergangenen Jahren wurden in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (Kreis Lippe) Erfahrungen mit einer erweiterten Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht gesammelt, die sich nicht auf einzelne Unterrichtsthemen oder Unterrichtsreihen beschränkt, sondern auf mehrere Jahrgänge erstreckt.(16) Seit 1998 ermöglichen die Regelungen für den Religionsunterricht des Landes Niedersachsen mit Zustimmung der niedersächsischen Diözesen und Landeskirchen unter bestimmten, im Erlass festgelegten Voraussetzungen die Bildung von gemischt-konfessionellen Lerngruppen.(17) Im Jahr 2005 haben die Erzdiözese Freiburg und die Diözese Rottenburg-Stuttgart mit den Evangelischen Landeskirchen in Baden und in Württemberg eine Vereinbarung geschlossen, die für in der Regel zwei aufeinanderfolgende Jahrgangsstufen in jeder allgemein bildenden Schulform („Standardzeitraum“ im baden-württembergischen Bildungsplan) die Einrichtung gemischt-konfessioneller Lerngruppen ermöglicht, die im Wechsel von einer Lehrkraft für Katholische Religionslehre und für Evangelische Religionslehre unterrichtet werden.(18) Im selben Jahr haben das Erzbistum Paderborn und die Lippische Landeskirche eine Vereinbarung zur Kooperation von evangelischem und katholischem Religionsunterricht getroffen, die die Einrichtung von gemischt-konfessionellen Lerngruppen in den Grundschulen des Kreises Lippe (Nordrhein-Westfalen) ermöglicht, wenn die Bildung konfessionell homogener Lerngruppen nicht möglich ist.(19) Zudem bestehen in einigen Bundesländern Ausnahmeregelungen zur Teilnahme anderskonfessioneller Schülerinnen und Schüler am Religionsunterricht in bestimmten Schulformen oder Schulstufen.
Ungeachtet der Unterschiede, die die Regelungen zur Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen im Einzelnen aufweisen und die der jeweiligen Situation des Religionsunterrichts und der religiösen Zusammensetzung der Schülerschaft in den drei Bundesländern geschuldet sind, lassen sich folgende Gemeinsamkeiten feststellen:
- Die Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht folgt dem Grundsatz einer „Konfessionalität in ökumenischem Geist“, die die Gemeinsamkeiten zwischen evangelischen und katholischen Christen stärken und den konfessionellen Unterschieden gerecht werden will. Im gemeinsamen Lernen von katholischen und evangelischen Schülerinnen und Schülern, das religionspädagogisch reflektiert und begleitet wird, sollen Verständnis für die Überzeugungen und Lebensformen der anderen Konfession und gleichzeitig ein vertieftes Bewusstsein der eigenen Konfession gefördert werden.
- Die Kooperation der beiden Fächer ist in den Lehrplänen für den katholischen und für den evangelischen Religionsunterricht verankert. Diese Lehrpläne sind normativ für die Erstellung schulinterner Curricula.
- Die Kooperation der beiden Fächer wird von den Diözesen und Landeskirchen aktiv begleitet und unterstützt. Dazu gehören etwa Maßnahmen der Lehrerfortbildung, die Entwicklung von Unterrichtsmaterialien, Hilfen für die Erstellung schulinterner Curricula und die Auswertung und kritische Reflexion der Kooperation. Die verschiedenen Kooperationsmodelle sind auch Gegenstand wissenschaftlicher Reflexion und empirischer Forschung in der Religionspädagogik.
- In rechtlicher Hinsicht ist der Religionsunterricht in gemischt-konfessionellen Lerngruppen katholischer oder evangelischer Religionsunterricht, an dem die Schülerinnen und Schüler der anderen Konfession teilnehmen. Die Konfessionalität richtet sich nach der Konfessionszugehörigkeit der Lehrkraft, die von der jeweiligen Diözese oder Landeskirche beauftragt ist (Missio canonica bzw. Vocatio) und den Unterricht nach den Grundsätzen ihrer Kirche erteilt.
- Die in den Konkordaten, im Grundgesetz (Art. 7 Abs. 3), in den Landesverfassungen und Schulgesetzen garantierten Mitwirkungsrechte der Kirche bei der Einrichtung und Erteilung des Religionsunterrichts bleiben gewahrt. Das gilt auch für die Rechte der Eltern.
Auch wenn es schwierig ist, eine Bilanz der Kooperationen zwischen dem katholischen und dem evangelischen Religionsunterricht zu ziehen, so können nach 10 bzw. 15 Jahren aber doch folgende Erfahrungen festgehalten werden:
- Die Kooperation der Fachschaften für katholische und evangelische Religionslehre bei der Entwicklung schulinterner Curricula und der Vorbereitung der kooperativen Unterrichtsphasen hat das Bewusstsein der Religionslehrerinnen und Religionslehrer für die eigene konfessionelle Prägung und Kirchenzugehörigkeit ebenso gestärkt wie die Kenntnis und das Verständnis der anderen Konfession. Dies führt zu einer konfessionsbewussteren Art des Unterrichtens. Allerdings ist die Kooperation für die Lehrkräfte auch mit einem höheren Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden.
- Die Schülerinnen und Schüler lernen in authentischer Weise die eigene und die andere Konfession kennen und verstehen. Sie werden durch die Begegnung mit der anderen Konfession angeregt, sich ihrer eigenen konfessionellen Prägung und Kirchenzugehörigkeit bewusst zu werden und diese zu reflektieren. Entscheidend für die Qualität des Unterrichts ist die Möglichkeit, Religionslehrkräften zu begegnen, die konfessionsbewusst und differenzsensibel unterrichten.
- Die Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht findet bei Schülern, Eltern, Lehrern und Schulleitungen eine hohe Akzeptanz.
- Die Kooperation beider Fächer erfordert von den Diözesen und Landeskirchen zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen und entsprechende personelle und finanzielle Ressourcen. Insbesondere erfordert sie eine gute und dauerhafte Kooperation zwischen den Schulabteilungen und den religionspädagogischen Einrichtungen der Diözesen und Landeskirchen.
Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre können zudem einige kritische Punkte formuliert werden:
- Die didaktische Profilierung der Kooperation ist für die Unterrichtsqualität von entscheidender Bedeutung. Eine solche Didaktik der Kooperation beider Fächer steht bislang jedoch erst in den Anfängen.
- Von ebenso entscheidender Bedeutung sind die Fähigkeit und die Bereitschaft der Religionslehrerinnen und Religionslehrer zur Kooperation. Dazu gehört neben dem guten Willen vor allem die Bereitschaft, sich intensiv sowohl mit der eigenen Konfession als auch mit der anderen Konfession auseinanderzusetzen.
- Die Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht muss organisatorisch geregelt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass der Verwaltungsaufwand sowohl für die Schulen als auch für die Schulabteilungen in den Diözesen und Landeskirchen zu bewältigen ist.
Von diesen Formen einer kirchlich und staatlich geregelten und religionspädagogisch reflektierten Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht ist die unterschiedlich motivierte Einrichtung gemischt-konfessioneller Lerngruppen in manchen Regionen und Schulformen zu unterscheiden. Oftmals werden von den Schulleitungen organisatorische Probleme oder Religionslehrermangel als Gründe angeführt. Letzteres kennzeichnet die Situation des Religionsunterrichts z. B. in der (Teilzeit-)Berufsschule und in den Förderschulen. Gemeinsam ist diesen Formen von Religionsunterricht, dass sie in einer rechtlichen „Grauzone“ stattfinden und religionspädagogisch bisher kaum reflektiert und begleitet werden. In diesem Unterricht werden Religionslehrerinnen und Religionslehrer nicht selten mit Fragen und Problemen konfrontiert, auf die sie in ihrer Ausbildung nicht vorbereitet wurden. Um die Qualität des Religionsunterrichts zu sichern und die Religionsfreiheit zu schützen, ist es notwendig, dass schwierige Situationen im Einverständnis aller maßgeblich Beteiligten – das sind die kirchlichen Schulabteilungen, die staatlichen Schulbehörden, Eltern, Lehrkräfte und Schüler – auf regionaler Ebene gelöst werden.(20) Nur dann können die kirchlichen Stellen eine religionspädagogisch angemessene Begleitung auch in Situationen sicherstellen, die Religionslehrkräfte vor besondere unterrichtliche Herausforderungen stellen. So wurde mit Unterstützung der Deutschen Bischofskonferenz an der Universität Tübingen ein Katholisches Institut für berufsorientierte Religionspädagogik gegründet, das die Qualitätsentwicklung des Religionsunterrichts in der beruflichen Bildung fördert und die Religionslehrkräfte unterstützt, die oft sehr heterogene Lerngruppen unterrichten. Angesichts der religionsdemographischen Entwicklung und ihrer Auswirkungen auf den Religionsunterricht in der Schule und den Erfahrungen, die in einigen Bundesländern mit der Einrichtung gemischt-konfessioneller Lerngruppen gemacht wurden, ist im Folgenden zu fragen, welche Formen der Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht theologisch zu verantworten sind, wie eine Kooperation religionspädagogisch zu gestalten ist und welche rechtlichen Vorgaben dabei zu beachten sind.
4. Empfehlungen zur Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht
Aufgrund der sehr unterschiedlichen Situation des Religionsunterrichts in den verschiedenen Regionen Deutschlands kann es kein bundeseinheitliches Modell der Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht geben. Auch die in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen entwickelten Modelle lassen sich nicht einfach auf andere Bundesländer übertragen. Eine erweiterte Kooperation beider Fächer wird auch nicht in allen Regionen und in allen Schulformen möglich oder sinnvoll sein.
Angesichts der regionalen Unterschiede ist davon auszugehen, dass sich die Kooperation in einigen Regionen auf das konzentrieren wird, was in der gemeinsamen Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD 1998 vorgeschlagen wurde. In anderen Regionen wird die Kooperation erweitert und die Einrichtung gemischt-konfessioneller Lerngruppen über mehrere Schuljahre ermöglicht. Schließlich wird es auch Regionen oder Schulformen geben, in denen während der gesamten Schullaufbahn nur ein katholischer oder evangelischer Religionsunterricht angeboten werden kann, der auch von den Schülerinnen und Schülern der anderen Konfession besucht wird. Es liegt somit in der Verantwortung der Diözesen, gemeinsam mit den Landeskirchen und in Abstimmung mit den zuständigen staatlichen Stellen Modelle zu entwickeln, die den Gegebenheiten vor Ort gerecht werden und den konfessionellen Religionsunterricht in der Schule stärken.
Bei der Entwicklung von regionalen Kooperationsmodellen sind folgende Gesichtspunkte zu beachten:
- Der katholische Religionsunterricht in der Schule wird „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen“ (Art. 7 Abs. 3 GG) der katholischen Kirche erteilt. Damit muss auch die Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht diesen Grundsätzen entsprechen, d. h. die Kooperation beider Fächer ist theologisch zu reflektieren und zu rechtfertigen.
- In einem schülerorientierten Religionsunterricht hat die Teilnahme anderskonfessioneller oder konfessionsloser Schülerinnen und Schüler Auswirkungen auf die Ziele, die Inhalte und die Gestaltung des Unterrichts, die es religionspädagogisch zu bedenken gilt. Dabei sind die Erfahrungen aus den Kooperationsmodellen in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen eine wertvolle Hilfe.
- Der Religionsunterricht ist ein „ordentliches Lehrfach“, das durch staatliche Gesetzgebung normiert ist. Die Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht muss den rechtlichen Normen entsprechen, wie sie in Konkordaten, im Grundgesetz, in den Landesverfassungen und Schulgesetzen niedergelegt sind. Deshalb werden abschließend einige rechtliche Eckpunkte benannt, die es zu beachten gilt.
4.1 Theologisch-systematische Grundlagen
Die Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht findet auf einer theologischen Grundlage statt, die die Entwicklung der ökumenischen Beziehungen der vergangenen Jahrzehnte berücksichtigt. Hier ist zunächst das gemeinsame Christusbekenntnis zu nennen, das auf der Anerkennung der gemeinsamen Heiligen Schrift als Wort Gottes und den altkirchlichen Bekenntnissen beruht. Durch die Taufe sind katholische und evangelische Christen in Christus eingegliedert. Die Taufe begründet damit auch „ein sakramentales Band der Einheit zwischen allen, die durch sie wiedergeboren sind“. (21) Diese ekklesiale Bedeutung der Taufe als Eingliederung in das „Volk Gottes aller Zeiten und Orte“ hat die gegenseitige Taufanerkennung vom 29. April 2007 bekräftigt.
Zwar konnten bislang noch nicht alle strittigen Fragen seit der Zeit der Reformation konsensuell geklärt werden. Aber in der lange Zeit kontrovers behandelten Rechtfertigungslehre wurde in der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche (1997/ 1999) ein Konsens in Grundwahrheiten festgestellt, der unterschiedliche Entfaltungen nicht ausschließt, die jedoch nicht länger Anlass für Lehrverurteilungen sind.(22) In anderen Fragen, die das Sakramentenverständnis, insbesondere das Verständnis und die Feier der Eucharistie bzw. des Abendmahls, und das Amt in der Kirche betreffen, wurden beachtliche theologische Annäherungen erreicht.
In der Zusammenarbeit zwischen katholischen und evangelischen Christen auf den unterschiedlichen kirchlichen Ebenen und im gesellschaftlichen und kulturellen Bereich konnten in den vergangenen Jahrzehnten Vorurteile abgebaut und gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufgebaut werden. Die konfessionellen Kulturen haben ihre sozial trennende Wirkung heute weitgehend verloren. Das gemeinsame öffentliche Zeugnis, die selbstverständliche Zusammenarbeit der Theologinnen und Theologen, ökumenische Gottesdienste und gemeinsame Bibel- und Glaubensgespräche sowie diakonische Aktivitäten belegen das Zusammenwachsen des Kirchenvolkes ebenso wie der von der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland beschrittene Weg, die aus der Zeit der konfessionellen Gegensätze und Konflikte stammenden Verwundungen, Zerrbilder und Irrtümer auf beiden Seiten aufzuarbeiten, um das gemeinsame Zeugnis für Jesus Christus zu stärken.(23)
So bedeutsam die Fortschritte in der Ökumene der vergangenen Jahrzehnte sind, sie reichen nach dem Urteil sowohl der katholischen als auch der evangelischen Kirche nicht aus, um die Trennung aufzuheben. Katholische und evangelische Christen unterscheiden sich weiterhin vor allem im Kirchenverständnis und in der Kirchenpraxis. Die Kirche wird nicht nur theologisch unterschiedlich verstanden, sondern in der Binnenperspektive auch anders erlebt. Nicht zuletzt hat die kirchliche Gemeinschaft für den Glauben und die Glaubenspraxis des Einzelnen in beiden Konfessionen eine andere Bedeutung. Dies zeigt sich auch in den Erklärungen der deutschen Bischöfe und des Rates der EKD zum Religionsunterricht.(24)
Aufgrund dieser ekklesiologischen Differenzen ist ein von beiden Kirchen gemeinsam verantworteter christlicher Religionsunterricht auch angesichts der religionsdemographischen Entwicklung noch nicht möglich. Allerdings bieten die beschriebenen Gemeinsamkeiten eine solide theologische Grundlage für eine erweiterte Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht, wenn die Unterschiede im Kirchenverständnis und in der Kirchenpraxis respektiert und für den Unterricht fruchtbar gemacht werden. Dabei ist die „Hierarchie der Wahrheiten“(25) zu beachten, die nicht nur ökumenisch, sondern auch religionsdidaktisch bedeutsam ist.(26) D. h. die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Verständnis der Heiligen Schrift, in den Glaubenslehren und in den Formen des gelebten Glaubens dürfen nicht in der Art einer Konfessionskunde einfach nebeneinandergestellt werden. Sie müssen vielmehr in ihrer Beziehung zum „Fundament des Glaubens“, also zum Christusbekenntnis, erschlossen und gewichtet werden. Die konfessionellen Differenzen sind so zu thematisieren, dass sie zu einem besseren Verständnis des Christusbekenntnisses und der Christusnachfolge beitragen.(27) Auf diese Weise wird der konfessionelle Religionsunterricht zu einem ökumenisch bedeutsamen theologischen Lernort.
Die Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht in der Schule findet auf einer theologischen Grundlage statt, die für eine mögliche Zusammenarbeit mit dem Religionsunterricht anderer Religionsgemeinschaften, etwa dem jüdischen oder islamischen Religionsunterricht, nicht in Anspruch genommen werden kann. Daher kann die Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht nicht auf die Kooperation mit dem Religionsunterricht anderer Religionsgemeinschaften ausgeweitet werden. Die wünschenswerte Zusammenarbeit mit dem jüdischen oder dem islamischen Religionsunterricht zu bestimmten Themen (etwa in Projekten oder in zeitlich begrenzten Unterrichtsphasen in der Form des Team-Teaching) erfolgt auf theologischen Grundlagen, die in der Erklärung über das Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen Nostra aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils gelegt wurden, und verfolgt eigene Ziele, zu denen insbesondere die Förderung gegenseitigen Verstehens und religiöser Toleranz gehört. Vor allem unterscheidet sich die theologisch fundierte Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht von Modellen eines multireligiö- sen oder eines religionskundlichen Unterrichts, der auf einer religionswissenschaftlichen Grundlage erteilt wird. Schließlich ist die Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht von Formen fächerverbindenden Lernens zu unterscheiden, wie sie etwa in Projektwochen zu bestimmten Themen z. B. mit dem Geschichts-, Deutsch- oder Biologieunterricht durchgeführt werden. Diese Unterscheidungen sind religionspädagogisch und schulorganisatorisch zu beachten.
4.2 Religionspädagogische Empfehlungen
Die erweiterte Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht, die die Bildung von gemischt-konfessionellen Lerngruppen über einen längeren Zeitraum vorsieht, darf nicht als eine vornehmlich schulorganisatorische Angelegenheit betrachtet und behandelt werden. Sie muss vielmehr religionspädagogisch reflektiert erfolgen und insbesondere religionsdidaktisch nachvollzogen werden. Für die Entwicklung von regionalen Kooperationsmodellen werden daher folgende religionspädagogische Empfehlungen gegeben.
Ziele der Kooperation:
- Die Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht ist so zu gestalten, dass die religiöse Dialog- und Urteilsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler gefördert und ihre religiöse Identitätsbildung unterstützt werden. Dazu gehört neben dem Erwerb von Grundwissen über den christlichen Glauben und andere Religionen die reflexive Erschließung von gelebten Formen des Glaubens durch die Begegnung mit (außerschulischen) Glaubenszeugen und die Erkundung kirchlicher Orte (z. B. Kirchengebäude, Caritas- oder Diakoniestation, Kloster).
- Die Kooperation beider Fächer ermöglicht es in besonderer Weise, die Frage nach der Bedeutung der Zugehörigkeit (oder ggf. auch Nicht-Zugehörigkeit) zu einer Kirche für die eigene Lebensgestaltung zu bedenken, ein vertieftes Bewusstsein für die Bedeutung von Konfessionalität, für die eigene Konfession und ein Verständnis der anderen Konfession auszubilden.
Didaktik der Kooperation:
- Die Entwicklung einer Didaktik für die Kooperation beider Fächer ist zu fördern. Dabei kann das Prinzip der Perspektivenverschränkung hilfreich sein. Ebenso ist zu bedenken, ob eine konfessionelle Binnendifferenzierung und ein ggf. zieldifferentes Unterrichten in gemischt-konfessionellen Lerngruppen religionspädagogisch sinnvoll sind.
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Konfessionen sollen in ihrem Bezug zum Christusbekenntnis als dem Fundament des Glaubens didaktisch erschlossen und gewichtet werden. Hierbei ist das Prinzip der „Hierarchie der Wahrheiten“ hilfreich.
- Das Verhältnis von konfessioneller Mehrheit und Minderheit in einer Lerngruppe, aber auch im weiteren gesellschaftlichen Umfeld und die Folgen für das Unterrichtsgeschehen und für die religiöse Bildung der Schülerinnen und Schüler sind pädagogisch zu bedenken. Es ist darauf zu achten, dass die Erfahrungen und Einsichten der konfessionellen Minderheit in der Unterrichtsgestaltung angemessen berücksichtigt werden.
- Schon gegenwärtig nehmen Schülerinnen und Schüler ohne Religionszugehörigkeit am Religionsunterricht teil. Diese erfreuliche Entwicklung ist stärker als bislang religionsdidaktisch zu bedenken, da die Zahl dieser Schülerinnen und Schüler in den nächsten Jahren voraussichtlich zunehmen wird.
- Die Lehrpläne für den katholischen und für den evangelischen Religionsunterricht sollen so konzipiert werden, dass eine Kooperation beider Fächer möglich ist. Wenn in einem Bundesland schulinterne Curricula auf der Grundlage der landesweiten Lehrpläne entwickelt werden, ist es sinnvoll, wenn die Schulabteilungen der Diözesen und Landeskirchen Hilfen zur Entwicklung dieser Curricula geben.
Anforderungen an die Religionslehrerinnen und Religionslehrer:
- Die Religionslehrkräfte unterrichten konfessionsbewusst und differenzsensibel und sind als katholische oder evangelische Lehrkräfte erkennbar. So können die Schülerinnen und Schüler lernen, wie ein konfessioneller Standpunkt mit Verständnis und Offenheit für andere Konfessionen und Religionen verbunden werden kann. Wo es möglich ist, sollen Religionslehrerinnen und Religionslehrer beider Konfessionen in einer Lerngruppe unterrichten.
- Religionslehrkräfte benötigen die Unterstützung durch eine entsprechende Aus- und Fortbildung sowie die Begegnung und den fachlichen Austausch mit Religionslehrkräften der anderen Konfession. Im Regelfall arbeiten Religionslehrerinnen und Religionslehrer beider Konfessionen in den Fachkonferenzen zusammen. Wenn der Austausch mit Religionslehrkräften der anderen Konfession auf der Ebene der Schule nicht möglich ist, ist er auf anderer Ebene zu gewährleisten. Neben der Vermittlung von theologisch-religionspädagogischen Kenntnissen und Fähigkeiten sollen in der Fortbildung und in ökumenischen Begegnungen auch spirituelle Erfahrungen ermöglicht werden. Zu den Unterstützungsmaßnahmen gehört auch die Entwicklung geeigneter Unterrichtsmaterialien.
- In der Religionslehrerbildung soll die ökumenische Dimension verstärkt zur Sprache kommen,(28) damit die angehenden Lehrerinnen und Lehrer sowohl im Studium als auch im Vorbereitungsdienst die für die Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben können.
Evaluation:
- Eine regelmäßige Evaluation unterstützt die Qualitätsentwicklung des Religionsunterrichts. Diese sollte schulintern (z. B. auf der Ebene der Fachkonferenzen) stattfinden und ggf. durch die zuständigen staatlichen und kirchlichen Stellen begleitet werden. Wünschenswert ist darüber hinaus eine wissenschaftliche Auswertung der verschiedenen Formen der Kooperation durch die Religionspädagogik.
4.3 Rechtliche Eckpunkte
In den meisten Bundesländern ist der Religionsunterricht nach Art. 7 Abs. 3 GG ein „ordentliches Lehrfach“, das „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ erteilt wird. In seinem Urteil vom 25. Februar 1987 hat das Bundesverfassungsgericht den Religionsunterricht im Sinne des Grundgesetzes folgendermaßen umschrieben: Der Religionsunterricht ist „keine überkonfessionelle, vergleichende Betrachtung religiöser Lehren, nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht, historisierende und relativierende Religionskunde, Religions- oder Bibelgeschichte. Sein Gegenstand ist vielmehr der Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubensätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Diese als bestehende Wahrheiten zu vermitteln, ist seine Aufgabe. (…) Dafür wie dies zu geschehen hat, sind grundsätzlich die Vorstellungen der Kirchen über Inhalt und Ziel der Lehrveranstaltung maßgeblich“.(29)
In Bezug auf die Teilnahme anderskonfessioneller Schülerinnen und Schüler hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass „die Zulassung von Schülern fremder Konfession zu der inneren Gestaltung des Religionsunterrichts (gehört), die den Grundsätzen der jeweiligen Religionsgemeinschaft folgt“.(30) Die Mütter und Väter des Grundgesetzes gingen Ende der 1940er Jahre zwar davon aus, dass nur Kinder und Jugendliche der betreffenden Konfession am Religionsunterricht teilnehmen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes besteht jedoch Einigkeit darüber, „dass Art. 7 Abs. 3 GG es zulässt, Veränderungen der Lebenswirklichkeit Rechnung zu tragen“. Dazu gehören auch „neuere religionspädagogische Ansätze“. „Die geordnete Teilnahme von Schülern einer anderen Konfession am Religionsunterricht“ – so das Gericht weiter – „ist daher verfassungsrechtlich unbedenklich, solange der Unterricht dadurch nicht seine besondere Prägung als konfessionell gebundene Veranstaltung verliert. Die Entscheidung über die Zulassung solcher Schüler steht jedoch den Religionsgemeinschaften zu“.(31) Dies gilt ebenso für die Zulassung konfessionsloser Schülerinnen und Schüler. Auch die Bestimmungen zum katholischen Religionsunterricht in den cc. 804 und 805 CIC stehen einer Teilnahme von nichtkatholischen Schülerinnen und Schülern nicht entgegen.
Alle Formen der Kooperation von katholischem und evangelischem Religionsunterricht erfolgen im Rahmen von Art. 7 Abs. 3 GG und der entsprechenden Bestimmungen in den Konkordaten, Landesverfassungen und Schulgesetzen. In Bundesländern, die aufgrund von Art. 141 GG („Bremer Klausel“) in der Verfassung oder im Schulgesetz andere Regelungen zum Religionsunterricht getroffen haben, die aber gleichwohl einen konfessionellen Religionsunterricht vorsehen, gilt dieser Grundsatz in analoger Weise. Bei der erweiterten Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht sind daher folgende rechtliche Eckpunkte zu beachten:
- Die erweiterte Kooperation, die die Einrichtung gemischtkonfessioneller Lerngruppen ermöglicht, bedarf der ausdrücklichen Zustimmung der Diözesen und Landeskirchen und der Abstimmung mit den entsprechenden staatlichen Stellen. Sofern diese Kooperation auch orthodoxe Schülerinnen und Schüler einbezieht, ist die Zustimmung der Verantwortlichen in der orthodoxen Kirche erforderlich. Um die kirchlichen Rechte zu wahren, wird eine Vereinbarung zwischen den Diözesen und Landeskirchen empfohlen, in der die religionspädagogischen, rechtlichen und organisatorischen Bedingungen der Kooperation geregelt werden.
- Die Konfessionalität des Unterrichts in gemischt-konfessionellen Lerngruppen („erweiterte Kooperation“) richtet sich nach der Konfession der Lehrkraft, die die Lehrbeauftragung ihrer Diözese oder Landeskirche (Missio canonica bzw. Vocatio) hat. Entsprechend ist die Konfessionalität in den Zeugnissen zu vermerken, sofern dies üblich ist.
- Maßgeblich für den Unterricht sind der geltende katholische oder evangelische Lehrplan und ggf. zusätzliche Vereinbarungen zwischen den Diözesen und Landeskirchen, die die Kooperation beider Fächer betreffen.
- Der katholische oder evangelische Religionsunterricht in gemischt-konfessionellen Lerngruppen wird in konfessioneller Positivität erteilt. Er ist weder ein konfessionskundlicher noch ein christentumskundlicher Unterricht und auch kein überkonfessionell christlicher Religionsunterricht.
- Bei der Öffnung des Religionsunterrichts für anderskonfessionelle oder konfessionslose Schülerinnen und Schüler ist darauf zu achten, dass die Religionsfreiheit und das Recht kleinerer Kirchen und Religionsgemeinschaften auf einen eigenen Religionsunterricht respektiert werden.
- Anderskonfessionelle und konfessionslose Schülerinnen und Schüler nehmen mit allen Rechten und Pflichten am Religionsunterricht teil. Sofern länderspezifische Regelungen in den Schulgesetzen dem entgegenstehen, wird empfohlen, im Gespräch mit den politisch Verantwortlichen auf eine entsprechende Revision dieser Regelungen hinzuwirken.
- Die Rechte der Eltern (Art. 7 Abs. 2 GG) sind ebenso zu garantieren wie das Recht religionsmündiger Schülerinnen und Schüler, sich vom Religionsunterricht abzumelden.
5. Schlusswort
Die im vierten Kapitel formulierten theologischen Grundlagen, die religionspädagogischen Empfehlungen und rechtlichen Eckpunkte der Kooperation des katholischen und des evangelischen Religionsunterrichts dienen der Sicherung des konfessionellen Religionsunterrichts in der Schule und seiner Qualitätsentwicklung. Sie bilden einen Rahmen, innerhalb dessen die Diözesen zusammen mit den Landeskirchen und in Abstimmung mit den staatlichen Stellen Modelle der Kooperation entwickeln können, die den regionalen Gegebenheiten gerecht werden. Die Kooperation beider Fächer ist eine Möglichkeit, die Entwicklung des konfessionellen Religionsunterrichts aktiv zu gestalten. Daneben behalten andere Maßnahmen der Qualitätssicherung und -entwicklung weiterhin ihre Bedeutung.
Schon gegenwärtig ist die Situation des katholischen Religionsunterrichts in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Aufgrund der beschriebenen Veränderungen in der religiösen Zusammensetzung der Schülerschaft ist damit zu rechnen, dass diese Unterschiede zukünftig größer werden. Daher ist der überdiözesane Austausch über die Sicherung des Religionsunterrichts und nicht zuletzt auch über die Erfahrungen in der Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht zu fördern.
Darüber hinaus sind die Grenzen der Glaubenskommunikation im Religionsunterricht zu bedenken. Der Religionsunterricht in der Schule ist ein Ort religiöser Bildung. Er kann weder die religiöse Erziehung in der Familie noch die Katechese in den Gemeinden ersetzen. Der Religionsunterricht ist „nur Teil eines größeren Ganzen von religiösen Lern- und Erziehungsprozessen“.(32) Deshalb wird angeregt, die verschiedenen Orte der Glaubensweitergabe gemeinsam in den Blick zu nehmen und auf diözesaner Ebene ein integrales Konzept der Glaubenskommunikation zu entwickeln, das den regionalen Gegebenheiten entspricht und Religionsunterricht, Schulpastoral, Katechese, Familien- und Jugendpastoral berücksichtigt
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(1) Vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.): Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen. Die deutschen Bischöfe Nr. 80 (Bonn 2005), S. 7. Im Folgenden zitiert als: Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen.
(2) Die hier formulierten Empfehlungen können analog auf die Kooperation
mit dem orthodoxen Religionsunterricht angewandt werden
(3) Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.): Die bildende Kraft des Religionsunterrichts. Zur Konfessionalität des katholischen Religionsunterrichts. Die deutschen Bischöfe Nr. 56 (Bonn 1996), S. 76. Im Folgenden zitiert als: Die bildende Kraft.
(4) Die bildende Kraft, S.79.
(5) Die bildende Kraft, S.49.
(6) Die bildende Kraft, S.50.
(7) Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997): Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 130 (Bonn 1997), Nr. 73.
(8) Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen, S. 29. – Vgl. auch Die bildende Kraft, S. 29, 62 f.
(9)Vgl. dazu ausführlich Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen, S. 18–30.
(10) Die bildende Kraft, S. 58.
(11) Die bildende Kraft, S. 58, 78.
(12) Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz/Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hg.), Zur Kooperation von Evangelischem und Katholischem Religionsunterricht (Bonn – Hannover 1998). – Vgl. auch Die bildende Kraft, S. 59 f.
(13) Die bildende Kraftt, S. 79.
(14) Die bildende Kraft, S. 60.
(15) Der Ethikunterricht folgt in den Bundesländern unterschiedlichen Konzeptionen, die sich auch in den Fachbezeichnungen wie „Werte und Normen“, „Philosophie“, „Praktische Philosophie“ oder „Ethik“ widerspiegeln. Hier und im Folgenden wird der Begriff „Ethikunterricht“ als Oberbegriff dieser sogenannten „Ersatzfächer“ benutzt.
(16) Zudem bestehen in einigen Bundesländern (z. B. Hessen) Regelungen, die im Ausnahmefall die Einrichtung gemischt-konfessioneller Lerngruppen ermöglichen.
(17) Vgl. Regelungen für den Religionsunterricht und den Unterricht Werte und Normen. Runderlass des Kultusministeriums vom 10. Mai 2011, in: Religionsunterricht in Niedersachsen. Dokumente – Erklärungen – Handreichungen. Hg. vom Katholischen Büro Niedersachsen und der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (Hannover 2012), S. 10–18.
(18) Vgl. Konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht an allgemein bildenden Schulen. Vereinbarung zwischen der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, der Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart vom 1. März 2005, Novellierung Verbindliche Rahmen vom 1. Dezember 2015. Hg. von der der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, der Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart (Stuttgart 2015).
(19) Vgl. Vereinbarung zur Kooperation von Evangelischem und Katholischem Religionsunterricht zwischen dem Erzbistum Paderborn und der Lippischen Landeskirche vom 16. März 2005.
(20) Die bildende Kraft, S. 59.
(21) Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret über den Ökumenismus Unitatis redintegratio, Nr. 22. Im Folgenden zitiert als: Unitatis redintegratio.
(22) Vgl. Lutherischer Weltbund/Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen, Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre. Gemeinsame offizielle Feststellung. Anhang (Annex) zur Gemeinsamen offiziellen Feststellung (Frankfurt am Main – Paderborn 1999).
(23) Vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz/Kirchenamt der EKD (Hg.), Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen. Ein gemeinsames Wort zum Jahr 2017. Gemeinsame Texte Nr. 24 (Bonn – Hannover 2016).
(24) Vgl.Die bildende Kraft, S. 39–42, 55; Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen, S. 35. Von evangelischer Seite ist zu verweisen auf Kirchenamt der EKD (Hg.), Identität und Verständigung. Standort und Perspektiven des Religionsunterrichts in der Pluralität. Eine Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland (Gütersloh 1994), S. 61–65; Kirchenamt der EKD (Hg.), Religiöse Orientierung gewinnen. Evangelischer Religionsunterricht als Beitrag zu einer pluralitätsfähigen Schule. Eine Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (Gütersloh 2014), S. 47 f.
(25) Unitatis redintegratio,, Nr. 11.
(26) Vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Der Religionsunterricht in der Schule. Ein Beschluss der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1974), in: Texte zu Katechese und Religionsunterricht. Arbeitshilfen Nr. 66 (Bonn 1998), Nr. 2.4.1. Vgl. auch Kongregation für den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997): Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 130 (Bonn 1997), Nr. 114 f
(27) Vgl.Unitatis redintegratio, Nr. 11: „Beim Vergleich der Lehren miteinander soll man nicht vergessen, dass es eine Rangordnung oder ‚Hierarchie‘ der Wahrheiten innerhalb der katholischen Lehre gibt, je nach der verschiedenen Art ihres Zusammenhangs mit dem Fundament des christlichen Glaubens. So wird der Weg bereitet werden, auf dem alle in diesem brüderlichen Wettbewerb zur tieferen Erkenntnis und deutlicheren Darstellung der unerforschlichen Reichtümer Christi angeregt werden.“
(28) Vgl. Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen, Direktorium zur Ausführung der Prinzipien und Normen über den Ökumenismus (25. März 1993): Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls Nr. 110 (Bonn 1993), Nr. 72– 82. Diese Ausführungen beziehen sich auf die Ausbildung der Priester und pastoralen Laienmitarbeiter; sie können aber auch auf die Religionslehrerbildung angewandt werden, vgl. dazu auch Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Kirchliche Anforderungen an die Religionslehrerbildung (23. September 2010): Die deutschen Bischöfe Nr. 93 (Bonn 2010).
(29) BVerfGE 74, 249 (252).
(30) BVerfGE 74, 249 (253).
(31) BVerfGE 74, 249 (254).
(32) Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Der Religionsunterricht in der Schule. Ein Beschluss der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1974), in: Texte zu Katechese und Religionsunterricht. Arbeitshilfen Nr. 66 (Bonn 1998), Nr. 3.9.