gemeinsam lernen, gemeinsam gestalten, gemeinsam mehr erreichen
Innen und außen – alles steht Kopf!
Animationsfilm von Peter Docter, Disney Pixar Studios, USA 2015, 94 Minuten, FSK: 0. Erhältlich mit didaktischem Begleitmaterial bei Matthias-Film
Riley ist ein typisches 11-jähriges Mädchen. Sie spielt gern Eishockey, trifft sich mit ihrer besten Freundin, versteht sich gut mit ihren Eltern und lacht sehr gern. Kein Wunder, denn Riley wird ja auch geradezu perfekt gesteuert – von ihren Emotionen tief in ihrem Inneren. Ob WUT, ANGST, EKEL, KUMMER oder FREUDE: Die Emotionen sind ein eingespieltes Team, das unter der quirligen Leitung von FREUDE immer dafür sorgt, dass Riley sich gefühlsmäßig im Gleichgewicht befindet. Doch als Riley und ihre Familie eines Tages umziehen müssen, gerät ihre emotionale Schaltzentrale langsam aber sicher außer Kontrolle. Als sich dann auch noch KUMMER immer mehr in den Vordergrund drängt und FREUDE alles versuchen muss, um so viel wie möglich an positiven Erinnerungen zu retten, geht plötzlich alles schief – Rileys Gefühlswelt steht Kopf!
Filmbesprechung
Der hochwertig 3D-animierte Spielfilm (auch in türkischer und englischer Sprachfassung) möchte neuro- und emotionspsychologisch informierte “Erklärungshilfe” für Gefühlschaos geben – es gelingt ihm dabei aber auch, Kindern ab Ende Grundschule dramatisch-spannende, abwechslungsreiche und lustige Unterhaltung zu bieten. Die Krise, die im Mittelpunkt der Handlung steht, kommt dieser Altersstufe in jedem Fall nahe, auch wenn nicht immer ein Umzug in eine fremde Stadt bevorsteht: jedes Kind erlebt einen Schulwechsel am Ende der Grundschule. Das US-amerikanische Lebensumfeld der gezeigten 11-jährigen Riley und ihrer Familie ist zwar nicht das hiesige, aber angesichts der jugendlichen Sehgewohnheiten (Disney) kaum ein Verstehenshindernis.

“Positive Psychologie” ist die Leitvorstellung der populärwissenschaftlich in Zeichentrick umgesetzten Hauptfigur “Freude”. Der Abschied von der Kindheit (Phantasie-Spielkamerad bleibt zurück) soll erleichtert werden. Die Erkenntnis, dass Trauer-Bewältigung unverzichtbar ist, soll angebahnt werden. Es gelingt der Handlung aber nicht völlig, das auch plausibel zu machen. Verschiedene Instanzen in der Psyche anzunehmen, ist kein ganz neuer Impuls psychologischer Theoriebildung. Durch die angedeutete “elektromechanische” Kulisse (mit Gedächtnisstrukturen) finden dazu aber auch neuere Erkenntnisse aus Neurologie und Hirnforschung ihr Echo. Neu ist, dass schon Kindern so ein resilienzförderlich gemeinter Erklärungsversuch für ihr Innenleben im Unterhaltungsformat angeboten wird. Ganz auffällig ist dabei die Grenze zur Pubertät in den Blick genommen und als unmittelbare Zukunft markiert – nicht überraschend, dass angesichts geschlechtstypischer Entwicklungsvorsprünge von Mädchen ein solches auch die Filmheldin ist. Es wird dann allerdings zu beachten sein, dass Jungen das im Film behandelte Thema “Gefühlsbearbeitung” nicht so nahe liegen wird – sie können aber mittels Fremdwahrnehmung durchaus davon profitieren.
Das Menschenbild des Instanzen-Ich erlaubt Anschlüsse zu Luthers Anthropologie (“Reittier Gottes” etc.), erlangt aber seine Integration nicht durch den extern gestifteten Erlösungsglauben, sondern als das typisch neuzeitliche autonome Individuum – das auch über sich selbst aufgeklärte Subjekt. In der Kursstufe bieten sich daher, wenn man sich die Zeit für einen Kinder-Spielfilm nehmen will, erhellende Analyse-Anlässe, evtl. auch fachübergreifend mit dem Wahlfach Psychologie. Bis etwa Ende Klasse 5 kann der Spielfilm seine Dienste mit niveauvoller Unterhaltung auch tun, wenn die Lehrkraft am Ende des Sommers immer noch zu viel Schuljahr übrig hat 🙂 Zusatzkurzfilme: “Rileys erstes Date” (der die Handlung des Hauptfilms voraussetzt) berührt die genannte Grenze, fällt aber dann doch eher in die augenzwinkernde Kategorie “hab Verständnis für deine Eltern”. “Lava” ist ein animiertes Liebeslied zweier Vulkane.
Die Begleitmaterialien enthalten neben Informationen für die Lehrkraft etwa zur Hälfte Arbeitsblätter für die Grundschule, zur Hälfte zum Einsatz ab Kl. 5. Sie weisen als Mindestalter 8 Jahre und als Bezugsfächer Sachunterricht, Biologie, Sozialkunde auf und sind dabei auf das Filmverstehen konzentriert – was angesichts der Spielfilmlänge ganz sicher seine Berechtigung hat. Sie nehmen den Impuls des Filmes auf, Kindern beim Sich selbst Verstehen und ihrer Gefühlsbewältigung zu helfen. Dies kann die Relilehrkraft gemäß ihrem seelsorgerischen Auftrag gut aufgreifen, muss ihre fachliche Perspektive aber gesondert einbringen.
https://youtu.be/wWTQZkD5FAQ