Theoretisch ganz einfach: Statt im Klassenraum sind nun alle zusammen in der Videokonferenz – wenn es funktioniert. Doch nicht nur die Technik hat ihre Tücken und die Bedingungen für den Zugriff auf die Lernressourcen sind sehr verschieden. Auch der Unterricht lässt sich nicht einfach 1:1 aus dem Analogen ins Digitale übertragen. Auch gute Unterrichtsvorbereitung schützt nicht vor technischen Pannen, wie dieser Beitrag der WDR Lokalzeit zeigt.



Was für den einen eine Bestätigung zu sein scheint, dass das mit dem digitalen Unterricht eben doch kein wirklicher Ersatz für den “richtigen” Unterricht im Klassenraum sein kann, ist für andere ein Indiz für ein bildungspolitisches Versäumnis, dass Deutschland im Blick auf digitale Entwicklung eher als ein Entwicklungsland erscheinen lässt. Schön zu sehen, dass sich viele Lehrer:innen davon nicht entmutigen lassen und trotz der oft frustrierenden Bedingungen nach Wegen für einen zukunftsfähigen Unterricht suchen, der auch die Stärken des Digitalen sucht.

Distanzunterricht erfordert ein verändertes Verständnis von Schule, von Lehren und Lernen. Es gibt da nicht das eine technische Werkzeug, sondern viele (technische) Kanäle, um Beziehungen zu pflegen, Feedback einzuholen und zurückzugeben, Impulse für das Forschen und Entdecken zu geben. Verständlich, dass viele zuerst versuchen den klassischen Unterricht zu digitalisieren. Videokonferenzen scheinen auf den ersten Blick diese gleichzeitige Präsenz von Lehrer:innen und Schüler:innen in einem Raum abzubilden. Doch die Erfahrungen zeigen, dass die Stärken digitaler Bildung gar nicht in der Gleichzeitigkeit, sondern in der Vielfalt
selbstgeregelter Lernaktivitäten liegen, die je nach Bedingungen zu unterschiedlichen Zeiten erfolgen.

Die Sorge, dass man die Leistungen der Kinder unter diesen Bedingungen nicht messen kann, ist derzeit leider größer als die Sorge, wie Kinder trotz und mit unterschiedlichen Bedingungen zu einem für sie angemssenen selbstreguliertem Lernen geführt werden können. Statt viel Energie darauf zu verwenden, auf der Basis nicht vergleichbarer Bedingungen zeitgleich Noten und Zeugnisse zu generieren, ist jetzt vor allem dran, digitale Lehr- und Lernaktivitäten zu entwickeln, die Schüler:innen darin stärken, mündig und selbstverantwortet wichtigen Fragen nachzugehen, Wissen zu erschließen, Fertigkeiten in einem eigenem Rhythmus einzuüben und die erworbenen Lösungskompetenzen auch für andere wieder nutzbar zu machen.

Dazu auch mein Beitrag zur Didaktik des Religionsunterrichts:


Empfehlenswert:

Interessant sind in diesem thematischen Kontext die Erfahrungen, die Mirko Drotschmann alias MrWissen2Go im Rahmen einer größeren Umfrage zum Distanzunterricht gesammelt hat und die Schlüsse, die er daraus folgert.

MrWissen2Go: Was sich JETZT an Schulen ändern muss! Auszug ab Minute 4:51

Ganzen Beitrag von MrWissen2go anschauen

Bildquellen:

Joachim Happel
Joachim Happel

Mitgründer und Entwickler einer religionspädagogischen Austausch-Plattform, die seit 2002 unter dem Namen "virtuelles religionspädagogisches Institut" (rpi-virtuell) als Einrichtung der EKD und seit 2008 am Comenius-Institut angegliedert ist. - Evang. Pfarrer, Informatiker und Experte für neue Lerntechnologien, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Comenius Institut, zuständig für die Koordination und Entwicklung von rpi-virtuell. - Weitere Arbeitsschwerpunkte: E-Learning, Freie Bildungsmedien (OER), Digitalisierung in Bildungsprozessen religionspädagogischer Einrichtungen

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