Wie geht nachhaltige Konfirmandenarbeit? – Konsequenzen aus der zweiten bundesweiten Studie

Das wüssten wohl alle nur zu gern, die Konfi-Arbeit machen: Wie schaffen wir es, den Konfirmand/innen bleibend etwas mitzugeben ins Leben. Wie gelingt es, Ihnen die Kirche als geistliche und menschliche Heimat lieb und wertvoll zu machen? Oder auch ganz handfest: Wie erreichen wir es als Institution Kirche, als der sichtbare Teil der Kirche, die…

Das wüssten wohl alle nur zu gern, die Konfi-Arbeit machen: Wie schaffen wir es, den Konfirmand/innen bleibend etwas mitzugeben ins Leben. Wie gelingt es, Ihnen die Kirche als geistliche und menschliche Heimat lieb und wertvoll zu machen? Oder auch ganz handfest: Wie erreichen wir es als Institution Kirche, als der sichtbare Teil der Kirche, die Jugendlichen als Mitglieder so zu überzeugen, dass sie dauerhaft dabeibleiben wollen, weil ihnen sonst etwas fehlen würde. Schließlich tritt kaum ein Konfirmand kurz nach der Konfirmation aus der Kirche aus, sondern eher im Alter zwischen 20 und 30 Jahren.

Zentrale Ergebnisse der Studie im Überblick

Auf http://www.konfirmandenarbeit.eu ist sind in Form einer PowerPoint-Präsentation (Downloadlink) zentrale Ergebnisse der Studie verfügbar. Das ersetzt natürlich nicht die Lektüre des Buchs, in dem die Ergebnisse ausführlich dargestellt und analysiert werden. Bei den meisten Items sieht man die Werte im Rahmen der Konfirmandenarbeit positiv anwachsen, was für eine erfolgreiche Arbeit spricht. Aber dann fallen die Linien nach unten auf ein Niveau unterhalb der Ausgangslage. Nur beim Glauben an ein Leben nach dem Tod gibt es eine spürbare Zunahme. Besonders bei der Aussage “Die Welt ist von Gott erschaffen” fallen die Werte dagegen deutlich nach unten ab.

Nun ist aus vielen Studien bekannt, dass das Jugendalter eher eine Zeit ist, in der der Glaube abnimmt und in die Krise kommt. Auffällig und schade ist dieser Befund aber doch, weil er vermutlich noch sehr viel dramatischer ausgefallen wäre, wenn man alle Jugendlichen noch einmal hätte befragen können.

Konsequenzen für die Arbeit vor Ort

Nachdem die Ergebnisse nun vorliegen – auch mit einer gesonderten, nur intern verfügbaren Auswertung für jede Landeskirche – ist es an der Zeit für die Landeskirchen und jede einzelne Gemeinde, die Konsequenzen zu bedenken. Schließlich ist aus den Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen der EKD (einführend: https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/ekd_v_kmu2014.pdf) hinreichend bekannt, was viele am kirchlichen Leben Interessierte auch vor Ort erleben: Die Weitergabe des Glaubens und einer zukunftsfähigen Kirchlichkeit ist längst kein Selbstläufer mehr.

Das Religionspädagogische Institut der EKKW und der EKHN ist nun mit gutem Beispiel vorangegangen und hat einen Bericht für die Gemeinden erstellt, in dem anregende Perspektiven aufgezeigt werden (siehe https://www.rpi-ekkw-ekhn.de/home/rpi-arbeitsbereiche/konfirmandenarbeit/materialpool-konfirmandenarbeit/ Direkter Download der Broschüre: https://www.rpi-ekkw-ekhn.de/fileadmin/templates/rpi/normal/material/arbeitsbereiche/ab_konfirmandenarbeit/material/broschuere_rpi-info_juni2017_c-mt.pdf).

Wir haben uns im Beirat Konfirmandenarbeit ausdrücklich Zeit genommen, uns mit dieser Studie zu beschäftigen. Ein einheitliches Bild der Lage ergab sich dabei nicht. Insbesondere sind die Werte zwischen der ersten und der zweiten Studie, zwischen denen fünf Jahre liegen, nicht so auffällig anders, dass sich klare Trends benennen lassen.

Einige Konsequenzen lassen sich aber doch klar formulieren:

  • Wer meint, dass die Konfirmandenzeit als gemeindepädagogische Intensiv-Maßnahme ausreicht, um den Nachwuchs an Glaube, Kirche, Religion heranzuführen, täuscht sich. Nachhaltigkeit ist nur erkennbar, wenn es in irgendeiner Form etwas gibt, das weitergeht, und wenn vorher schon passende Angebote besucht wurden.
  • Erfreulicherweise lassen sich neben dem starken Einfluss des Elternhauses auch ganz klar Einflüsse der gemeindlichen Bildungsarbeit erkennen. Es macht einen großen Unterschied, ob jemand kirchliche Angebote besucht hat oder nicht.
  • Man kann nicht oft genug betonen, wie wichtig Freizeitarbeit und Teamerarbeit im Rahmen der Konfirmandenarbeit sind. Hier entstehen die nachhaltigen Erlebnisse und Beziehungen, die weitertragen. Gerade Württemberg hat eine im Vergleich zu anderen Landeskirchen eher schwach ausgeprägte Teamerkultur. Das hat verschiedene Gründe: Einerseits die die selbständige Jugendarbeit noch vergleichsweise stark. Anderseits sind die Konfirmandengruppen im Vergleich zu anderen Landeskirchen besonders klein, was Pfarrer/innen dann gut allein bewältigen könne. Auch der Einsatz von Diakon/innen und Jugendreferent/innen ist viel seltener. Oft findet Konfirmandenunterricht meist am Mittwochnachmittag statt, wo Teamer, zumindest Jugendliche, schwer zu gewinnen sind. Die Arbeit mit Teamern ist eine eigenständige Form von Jugendarbeit. Zumindest dort, wo es keine selbständige Jugendarbeit (mehr) gibt, sollte überlegt werden, ob man hier nicht viel deutlicher Akzente setzen kann.
  • Das Thema Gottesdienst ist nach wie vor ein neuralgischer Punkt. Je häufiger er besucht wird, desto langweiliger finden ihn die Konfis. Nur zwei Gegenmittel sind bekannt: die Mitgestaltung von Gottesdiensten, wo man eigene Ideen einbringen kann, und das Erleben jugendgemäßer Gottesdienste. Hier müsste noch deutlich mehr geschehen, denn Kirche wird von Jugendlichen fast automatisch mit Gottesdienst identifiziert. Hat der Gottesdienst ein schlechtes Image, überträgt sich dieses fast automatisch auch auf die Kirche als Gemeinschaft und Institution. Zum Thema Gottesdienst hat der Beirat Konfirmandenarbeit deshalb nach seiner Jahrestagung auch eine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht (abrufbar hier: http://anknuepfen.de/ansprechpartner/bezirksbeauftragte-wuerttemberg/jahrestagung-2017.html). Wir müssen wegkommen von einer durch Unterschriftenkarten dokumentierten Zwangsverpflichtung hin zu einer verbindlichen Gottesdienstkultur. Das heißt, gezielt geeignete Gottesdienste auswählen und mitgestalten, in denen dann ein Gemeinschaftsgefühl entsteht. Sonst kommt es zu solchen Ergebnissen, wie sie die bundesweite Studie deutlich vor Augen führt: Selbst gemeindenahe Jugendliche besuchen aus Eigeninteresse  kaum noch klassische Gottesdienste.
  • Konfis haben ein viel größeres Interesse an inhaltlichen Themen als man zunächst vermuten würde. Fun und action allein reichen nicht, viele wollen Fragen nach Gott und Glauben geklärt haben in ihrer Konfi-Zeit. Dass das nicht immer ausreichend geschieht, zeigen exemplarisch die Ergebnisse zum Thema Schöpfung. Sicher ließen sich noch weitere Beispiele finden, aber hier wird es besonders deutlich. Wenn es nicht gelingt, die Vereinbarkeit von Glaube und naturwissenschaftlichen Aussagen beim Thema Schöpfung deutlich zu machen, dann wird der Konfi leicht zur Märchenstunde. Man hört sich das an, aber lächelt innerlich darüber. Hier müsste deutlicher als bisher Stellung bezogen werden. Gut gefällt mir z. B. das Buch von Rainer Oberthür, DAS BUCH VOM ANFANG VON ALLEM. BIBEL, NATURWISSENSCHAFT UND DAS GEHEIMNIS UNSERES UNIVERSUMS, in dem versucht wird, beides in Beziehung zueinander zu bringen (siehe auch http://www.kajak-oldenburg.de/woherkommtdiewelt/2017/07/ ).
  • Die Mitbestimmung der Konfis bei der Themenwahl und der Art, wie die Themen behandelt werden, ist noch deutlich unterentwickelt. Hier könnte sich die Konfirmandenarbeit deutlicher als bisher als Alternative zur Schule profilieren. Warum gibt es nur in der Schule Klassensprecher und nicht auch im Konfi Gruppensprecher, die Interessen aller Konfis gegenüber den Hauptamtlichen und der Gemeindeleitung vertreten könnten? Hier gibt es ein großes Entwicklungspotential im Hinblick auf die Demokratieerziehung und die Jugendarbeit, in der nach dem Konfi die Selbstbestimmung plötzlich ganz groß geschrieben wird. (Siehe dazu auch die Impulse von Prof. Hans-Martin Lübking beim Konfi-Wiki am 18.2.17 in Ulm, http://www.ejwue.de/arbeitsbereiche/proteens/konfis/konfi-wiki/ und http://www.ejwue.de/fileadmin/proteens/konfis/upload/Hans-Martin_Luebking_Impuls.pdf)

Lesetipps

Diskussion

Ist die (württembergische) Konfirmandenarbeit auf der Höhe der Zeit? Wo müsste sie noch zeitgemäßer werden? Wie wird sie wirklich nachhaltig? Diskutieren Sie mit, indem Sie unten kommentieren.

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Der Beitrag von Thomas Ebinger ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution 3.0 Germany License und erschien erstmals am 09.08.2017 hier im Blog des ptz.Stuttgart.

Thomas Ebinger
Thomas Ebinger

Dr. theol, Dozent für Konfirmandenarbeit (Konfi 3 und Konfi 8) am Pädagogisch-Theologischen Zentrum Stuttgart (ptz). Ich blogge gern und liebe Digitales. Bibelclouds und Minetest sind meine Steckenpferde. Auf Twitter teile ich Relevantes und Schräges.

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