Stamer Religionsunterricht: #OER-Unterrichtsmodule ‘Jesus Christus’ für die Sekundarstufe II

Der pensionierte Studiendirektor Dr. Uwe Stamer teilt in seinem Blog 18 kostenlose Unterrichtsmodule zum Thema “Jesus Christus” für die Sekundarstufe II

Freie Bildungsmedien für Religionslehrende: Der pensionierte Studiendirektor Dr. Uwe Stamer teilt in seinem Blog 18 kostenlose Unterrichtsmodule zum Thema “Jesus Christus” für die Sekundarstufe II. Er möchte damit Religionslehrende unterstützen.

Wenn die Möglichkeit besteht, Sachwissen digital zu publizieren und damit einer breiten Leserschaft kostenfrei zugänglich zu machen, sollte die Chance dazu ergriffen werden!

Dr. Uwe Stamer

Welche Intentionen verfolgen Sie mit Ihren Modulen ?

Angesichts der allgemeinen Situation des Religionsunterrichts in Deutschland und der wachsenden außerunterrichtlichen Belastungen der Lehrkräfte kann es für viele KollegInnen, aber auch für PfarrerInnen, Studierende und überhaupt an der Sache Interessierte eine Anregung und Hilfe sein, auf wissenschaftlich aktuelles und strukturell detailliert aufbereitetes Material zum Thema “Jesus Christus” zurückgreifen zu können. Außerdem ist es mir wichtig, eine Reihe von Vorurteilen bzw. Irrtümern, die oft schon seit sehr langer Zeit mit diesem Thema verbunden sind, zu hinterfragen bzw. zu korrigieren.

Worin sehen Sie die Vorteile Ihrer Module für die Unterrichtspraxis ?

“Christologie” ist eine zentrale Unterrichtseinheit in der gymnasialen Oberstufe. Die Komplexität des Themas und die Hektik des Schulalltags verlangen zunehmend nach vielfältig verwendbaren Vorlagen, die mosaikartig gestaltet, im Austausch mit KollegInnen via PC inhaltlich ergänzt und somit auch in den Sozialformen variabel eingesetzt werden können. Dabei kann die Selbstständigkeit der SchülerInnen auch durch innovative Unterrichtsformen gestärkt werden. Viele Beispiele finden sich dazu auch in meinem Blog-Beitrag ” ‘RELI’ ? – ABER GERN !”

Welche Lernziele sollen die KollegInnen, die Ihre Texte im Unterricht einsetzen, verfolgen?

Es wird für die Lehrkräfte zunehmend schwer, mit der vielfach anzutreffenden Skepsis und Distanz, mit Desinteresse und Ablehnung auf Seiten der Schüler/innen konstruktiv umzugehen. Diesen muss deutlich werden, dass die Bibel kein vom Himmel gefallenes Buch ist, dass man nicht besonders fromm sein muss, um am Religionsunterricht teilzunehmen, und dass dort kein Unsinn verbreitet wird. Abgestufte Schritte bei der Erarbeitung der zentralen Inhalte, die Priorität kritischer, also “unterscheidender” Positionen und die Einsicht bzw. Erfahrung, dass Religion und Kirche oft genug nicht das sind, was die eigenen Vorurteile suggerieren, sind weitere wichtige Bausteine. Interesse wächst durch Förderung von Selbstständigkeit und Eigeninitiativen, wenn inhaltliche Abwechslung, kursübergreifende Projekte und fächerverbindender Unterricht nicht die Ausnahme sind. Die Stärkung der eigenen Kompetenzen erfolgt oft am ehesten dann, je mehr sich die Schüler/innen zur Erreichung bestimmter Lernziele selbst einbringen.

So kann die gesprächsoffene Thematisierung oft kontrovers diskutierter Fragen (z.B.”Wunder”/ “Jungfrauengeburt”/”Das Verhältnis Jesu zu Frauen”/”Frage nach der Schuld an Jesu Tod”) dabei helfen, uralte, scheinbar feststehende Traditionen in Frage zu stellen und dadurch neue Möglichkeiten der Orientierung zu schaffen. Aufklärung um jeden Preis darf es natürlich nicht geben. Religion braucht den Schutzraum des Nichtrationalen, die Geborgenheit jenseits des Verstandes. Aber die Lehrkraft darf  Barrieren abbauen, Zugangsformen vermitteln und damit Wege zu einem durchaus vernünftigen Vertrauen (ein komplexer, immer wieder zu erarbeitender Begriff !) deutlich machen. Prozesse der Selbstreflexion und  der persönlichen Glaubensentscheidungen werden dann möglich.

Wie sehen Sie Ihre Blog-Beiträge im Zusammenhang mit der auch international zunehmenden OER-Strategie?

Open Educational Resources sind eine innovative Art der Informationserarbeitung und -verbreitung im Bildungssektor. Wenn die Möglichkeit besteht, Sachwissen digital zu publizieren und damit einer breiten Leserschaft kostenfrei zugänglich zu machen, sollte die Chance dazu ergriffen werden. Ich freue mich über die hohe Zahl der Aufrufe meiner Module. Durch das zusätzliche Angebot für die Nutzer, diese durch eigene Materialien und  fachliche Diskussionen mit KollegInnen weiter auszugestalten, können unterschiedliche Lernziele miteinander kombiniert und im Unterricht realisiert werden. Auf diese Weise werden zudem die noch vielfach lebendigen Verlaufsstrukturen aus Textlektüre/Bildbetrachtung/Filmvorführung/Diskussion stark relativiert, was den Religionsunterricht  insgesamt deutlich attraktiver macht.

Welchen Stellenwert messen Sie dem Religionsunterricht in der Gegenwart zu?

Bei der gegenwärtigen Situation des Religionsunterrichts in Deutschland zeigt sich wie kaum je zuvor ein bunt schillerndes Spektrum. In dem allgemeinen politisch-weltanschaulichen Gerangel, bei dem oft das Prinzip der Unverbindlichkeit dominiert, findet der Religionsunterricht zunächst einmal seinen Platz in den Strategien der verschiedenen Landesregierungen. Die häufig wechselnden  Ensembles bunter Parteifarben entscheiden neben den zunehmenden Säkularisierungstendenzen, verlockenden Esoterik-Alternativen und scheinbar unüberwindbaren Vor- und Fehlurteilen zu Religion und Kirche wesentlich über die Zukunft des Faches. Beständigkeit ist hier nicht zu erwarten.

Dabei bietet ein sachkundiger, weltoffener und auf verbindlichen Strukturen basierender Religionsunterricht große Chancen zur persönlichen Orientierung und zur konstruktiven Mitgestaltung gesellschaftlicher Prozesse. Das Fach muss durch eine Steigerung des inhaltlichen und pädagogischen Anspruchsniveaus wieder an Attraktivität gewinnen. Um dies zu erreichen, muss in mühsamer Feldarbeit – vor Ort und von vielen, die guten Willens sind – immer wieder der Boden (neu) bereitet werden. Mit faktenbezogenen, schülergerecht konzipierten Lehrinhalten kann eine solide Basis gelegt werden. Viele Fehlmeinungen, etwa zur Rolle der Frau in der Kirche, lassen sich dabei hinterfragen. Und klarzustellen, dass die (oft noch immer unaufbereiteten) Missbrauchsskandale kein Argument sind gegen die Wahrheit des Evangeliums, ist ein hartes Stück Arbeit.

Der Religionsunterricht ist kein Unterricht für Weltanschauungsfragen. Er bekennt sich zu Jesus Christus als dem Sohn Gottes. Interkonfessionelle, ja interreligiöse Unterrichtsformen sind, z.B. im Rahmen der Friedensarbeit, zumindest als Experiment ein zunehmend wichtiges Postulat.

Darüber hinaus können Religionslehrende – wie dies auch häufig geschieht – , ggf. in Zusammenarbeit mit speziell ausgebildeten Fachkräften, wieder verstärkt die Aufgabe der seelsorgerlichen Beratung (die Begrifflichkeit lässt sich anpassen) wahrnehmen. Denn das Fach vermittelt Einsichten und Horizonte, die auch in Krisensituationen in der Lage sind, starke und dauerhafte Orientierungsmöglichkeiten zu geben und dadurch  Prozesse der Sinnfindung auf den Weg zu bringen, die helfen und tragen können, gerade dann, wenn es im Leben manchmal gar nicht gut aussieht.

Nicht zuletzt hat der Religionsunterricht Sachwissen zu vermitteln, Daten und Fakten einer zweitausendjährigen Geschichte. Das Christentum ist ein prägender Faktor der abendländischen Kultur und Bildungstradition. Die Erarbeitung eines soliden biblischen Grundwissens, das den Zugang zu theologischen Dimensionen möglich machen kann, sollte in den Lehrplänen stärker berücksichtigt werden. Hier gibt es einen gewaltigen Nachholbedarf.

Ich habe in meiner fünfundzwanzigjährigen Tätigkeit als Fachberater bei meinen Besuchen viele sorgsam konzipierte, thematisch anspruchsvolle Schulstunden erlebt. Weitaus die meisten KollegInnen machten einen guten, ja sehr guten Unterricht. Ich bin zuversichtlich, dass dies auch in Zukunft so bleibt.

Jörg (rpi-News-Autor) Lohrer
Jörg (rpi-News-Autor) Lohrer
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