Die digitale Welt will gelernt sein

Computer sind heute allgegenwärtig. Mit den modernen Geräten wie Smartphones oder Ipads ist die digitale Welt transportabel geworden. Überall werden Texte geschrieben, Bilder gemacht und versendet. Das Internet ist in Taschenformat stets dabei, und kaum jemand kann sich diesem entziehen. Immer mehr Menschen sind ständig doppelt präsent: real und digital. Zum einen ist das sehr…

Selbst in vielen Cafés und Kneipen sind Computer nichts Ungewöhnliches. Es gibt oft extra Stromanschlüsse dafür.
Selbst in vielen Cafés und Kneipen sind Computer nichts Ungewöhnliches. Es gibt oft extra Stromanschlüsse dafür.                                          Foto: Dirk Purz

Computer sind heute allgegenwärtig. Mit den modernen Geräten wie Smartphones oder Ipads ist die digitale Welt transportabel geworden. Überall werden Texte geschrieben, Bilder gemacht und versendet. Das Internet ist in Taschenformat stets dabei, und kaum jemand kann sich diesem entziehen. Immer mehr Menschen sind ständig doppelt präsent: real und digital.
Zum einen ist das sehr angenehm, wenn man alle Fragen sofort beantwortet bekommt, weil man nur eine Suchmaschine bemühen muss. Zum anderen aber ist das auch besorgniserregend. Stets einen Computer in Kleinformat mit sich herumtragen – ist das sinnvoll und hilfreich oder droht die „Digitale Demenz“, die Psychologe Manfred Spitzer prophezeit?
Es gilt das richtige Maß zu finden. Computer sind sinnvoll und hilfreich. Es wird keine computerlose Welt mehr geben. Die Aufgabe, die sich heute stellt, ist die Frage nach dem Gebrauch und dem Umgang mit den digitalen Medien. Wieviel digitale Kompetenz ist nötig?

Umgang wird kaum fachmännisch gelernt

Die digitale Revolution hat uns überrollt. 20 Jahre lang gab es ständig Neuerungen, bis wir den heutigen Stand erreicht haben. Wir konnten uns gar nicht so schnell fortbilden, wie Neues auf dem Markt war. Die üblichen Reaktionen sind dann Zuwendung oder Ablehnung. Während die einen multimedial wurden, haben die anderen Computer allenfalls für E-Mails und das Schreiben von Texten genutzt. Richtig gelernt haben den Umgang damit die Wenigsten. Kinder und Enkel lernen es meist unsystematisch quasi auf der Straße. Sie zeigen ihren Eltern und Großeltern, wie es geht. Um mit der heutigen digitalen Welt angemessen zurechtzukommen, sind Schulung und Unterricht sinnvoll. Unvorbereitet und ungeschützt sollte man Kinder und Jugendliche nicht in die digitale Umwelt schubsen. Jemand hat einmal gesagt: „Sie stellen Ihrem 14-jährigen Sohn ja auch keinen Kasten Bier ins Kinderzimmer.“
Kinder und Jugendliche brauchen Unterstützung und Anleitung im Umgang mit digitalen Medien und Geräten. Das sollten sie in der Schule lernen. Dazu braucht es Lehrerinnen und Lehrer mit entsprechenden Fähigkeiten. Nun haben aber eben diese das gleiche Problem wie ihre Schüler. In der Lehrerausbildung kommt der Einsatz digitaler Technologien nur am Rande vor. Auch die Lehrkräfte haben sich das meiste selbst beigebracht.
In ihrem Ansehen schwanken Computer zwischen Arbeitsgeräten und Freizeitunterhaltung. Was also sollten Lehrer und Schüler lernen und was brauchen sie nicht? Diese Frage ist zurzeit nicht beantwortet. Eine neue Studie hat ergeben, dass wir in Deutschland bezüglich der Computernutzung im Unterricht das Schlusslicht in Europa bilden. „Obwohl Deutschland ein hochtechnisiertes Land ist, genießt die digitale Bildung bei uns keine Priorität.“
Hierzulande teilen sich laut Studie im Schnitt elf Schüler einen Computer. Der Wert entspricht genau den Zahlen einer Erhebung aus dem Jahr 2006. Das heißt: „Auf diesem Feld hat sich beim Ausstattungsverhältnis nichts getan“, so Birgit Eickelmann, Professorin für Schulpädagogik an der Universität Paderborn, in einem Interview mit der ZEIT.

Nur Computer bereitstellen genügt nicht

Kinder müssen in der Schule auf ihr Leben als Erwachsene vorbereitet werden. Das gilt sowohl berufsorientiert als auch für die Gestaltung ihrer Freizeit. Daher sollten sie im Umgang mit digitalen Geräten geschult und unterstützt werden. Auch wenn manchmal der Eindruck entsteht, dass sie bereits alles können. Das ist ein Irrtum. Sie können Bilder machen und diese im Internet hochladen, ihre Seite bei Facebook gestalten. Sie sind in der Lage, Nachrichten zu versenden, Musik herunterzuladen und Spiele zu spielen.
Doch wie man gezielt Informationen im Internet sucht, wie man diese auswählt und beurteilt, wissen viele nicht. Schülerinnen und Schüler sind oftmals nicht in der Lage, ihren Computer und das Internet lernunterstützend einzusetzen. Sie können sich nicht in virtuellen Klassenräumen sicher bewegen, können nicht online gemeinsam an Texten arbeiten oder Arbeitsergebnisse einander zugänglich machen.
In der Berufswelt aber ist das eine wichtige Voraussetzung. Universitäten, Ausbildungsorte und Arbeitgeber stellen Schulungsmaterialien online und gehen davon aus, dass sich Arbeitsgruppen selbstständig im Netz organisieren. Diese Beispiele zeigen, dass es nicht damit getan ist, Computer und Laptops in Schulen bereitzustellen. Schülerinnen und Schüler brauchen im Umgang damit kompetente Begleitung und Anleitung. Digitale Kompetenz sollte Teil des Lehrplans sein.
„Die meisten Eltern wünschen sich durchaus den Einsatz digitaler Medien im Unterricht“, so Eickelmann. Sie brauchen Unterstützung und wünschen sich diese von der Schule. Das entbindet Eltern nicht von einem eigenen verantwortungsbewussten Umgang mit den digitalen Medien. Aber sie erwarten von der Schule, dass ihre Kinder dort den Umgang mit der digitalen Technologie lernen, den sie für ihre berufliche Zukunft brauchen. Dazu aber brauchen Lehrerinnen und Lehrer konkrete Aus-, Fort- und Weiterbildung. Die Klassenräume mit Geräten auszustatten reicht nicht.
Aus meiner Sicht als Dozent für Onlineunterstütztes Lernen ist es unverzichtbar, sich konkret, geplant und zielorientiert auf das digitale Zeitalter in der Schule vorzubereiten. Die digitale Welt darf nicht vor dem Schulgebäude aufhören, sie gehört als relevante Lernwelt in die Schule. Die Frage ist nicht, ob wir Computer und das Internet in der Schule nutzen, sondern wie. Die neuen Medien ziehen unaufhaltsam in den Alltag ein, wir nutzen unzählige computergesteuerte Geräte – warum nicht auch zum Lernen. Auftrag der Schule ist die Erschließung und Benutzung des Computers und des Internets als Lern- und Arbeitsmedium.

Tipps: Was Eltern selbst tun können

  • Gewähren Sie Ihren Kindern keinen unbegrenzten Internetzugang. Machen Sie die Zeit im Netz wertvoll, indem Sie sie beschränken.
  • Schalten Sie in den Kinderzimmern digitale Geräte über Nacht aus und lassen Sie Ihre Kinder ohne Flimmern, Blinken und Töne schlafen.
  • Trennen Sie Lernen und Freizeit am Computer. Der Einsatz von digitalen Geräten für das Lernen will gelernt sein. Das kommt nicht schon von allein.
  • Lernen Sie gezieltes Suchen mit jugendgerechten Suchmaschinen.
  • Begleiten Sie die digitale Bildung Ihrer Kinder fortwährend. Hören Sie damit
    nicht nach der Grundschule auf.
  • Es gibt ein Riesenangebot von Software zum Lernen. Überfluten Sie Ihre Kinder nicht. Schließen Sie sich mit der Schule und in der Klassenpflegschaft mit Eltern kurz, was sinnvoll ist. Hier gilt: Weniger gut angewendete Programme sind mehr.
  • Informieren Sie sich über soziale Netzwerke und entscheiden Sie, wo Sie und Ihre Kinder sich betätigen. Man muss nicht überall mitmachen!
  • Stellen Sie Kontakte zu vertrauensvollen Personen her, die Ihre Kinder in den sozialen Netzwerken begleiten und unterstützen.

Quelle: UNSERE KIRCHE NR. 5 / 25. JANUAR 2015 

Dirk Purz
Dirk Purz
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