Digitale Kluft: Öffentlich rechtliche Bildungsvernichtung

Wer unter www.depublizieren.de einem Scherz vermutet, wird schnell eines Besseren belehrt, wenn er in den öffentlich rechtlichen Archiven von öffentlich-rechtlichen Sendern nach kulturell und politisch relevanten Beiträgen aus der Vergangenheit sucht. Offenbar auf den Druck massiver Vermarktungsinteressen von privaten Sendern, Medienmachern und Zeitungsverlegern wurde ein in der jüngsten Geschichte der Bundesrepublik nachdenklich machendes Wissensvernichtungsedikt* erlassen.…

Wer unter www.depublizieren.de einem Scherz vermutet, wird schnell eines Besseren belehrt, wenn er in den öffentlich rechtlichen Archiven von öffentlich-rechtlichen Sendern nach kulturell und politisch relevanten Beiträgen aus der Vergangenheit sucht.

Offenbar auf den Druck massiver Vermarktungsinteressen von privaten Sendern, Medienmachern und Zeitungsverlegern wurde ein in der jüngsten Geschichte der Bundesrepublik nachdenklich machendes Wissensvernichtungsedikt* erlassen.

Ein wirklicher Verschluss von Informationen kann damit natürlich nicht erreicht werden.  Die meisten Tagesschauinhalte lassen sich für den privaten Nutzer etwa unter depub.org wieder finden. Doch ist die Nutzung dieses Archives illegal, wenn auch Inhalte bereits vom Gebührenzahler bezahlt wurden.

Was aber in jedem Fall erfolgreich damit verhindert wird, ist die Nutzung von Inhalten aus den öffentlich rechtlichen Archiven zu Bildungszwecken, denn die Verlinkung auf depublizierte Inhalte beispielsweise in Online-Aufgaben oder Webquests ist in jedem Fall unzulässig. Der Hinweis, dass Bildunsginhalte ja auch weiterhin 7 Tage öffentlich zugänglich sind, geht an der Mediennutzung im Bildungsbereich komplett vorbei. Nachhaltig könnte der Beschluss obendrein die digitale Kluft verstärken. Unter dem Leitmotiv der Sicherstellung von marktkonformem Verhalten der Öffentlich Rechtlichen sollen bildungsrelevante Inhalte künftig nicht einfach kostenfrei zugänglich sein sondern vermarktet (digitale Wegfahrsperre) werden (an die, die  sich Bildung leisten können).

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=OyZW1utHfgs[/youtube]

Ausweg Creative Commons – Linzenz

Inzwischen wird bei den Öffentlich-Rechtlichen über ein anderes Copyright ihrer Beiträge nachgedacht. Ein bedeutender Fortschritt wäre, wenn die Beiträge unter die CC – Lizenz gestellt werden könnten und damit auch im Netz für den Bildungsbereich erhalten bleiben.

Links:

  1. Depublizieren, der Begriff bei Wikipedia
  2. NDR-Fernsehbeitrag
  3. NDR-Forum
  4. Zapp-Blog
  5. FAZ-NET (Die Leere hinter dem Link)
  6. campino2k.de “depublizieren…” (Informationen und Bildung bleibt immer mehr einer so genannten Elite vorbehalten)

*Meine Interpretation der neuen Regelungen in § 11 d RStV, wonach die Rundfunkanstalten Begleitinformationen nach der Sendung in der Regel nach sieben Tagen nicht mehr zum Abruf bereit stellen dürfen.

Joachim Happel
Joachim Happel

Mitgründer und Entwickler einer religionspädagogischen Austausch-Plattform, die seit 2002 unter dem Namen "virtuelles religionspädagogisches Institut" (rpi-virtuell) als Einrichtung der EKD und seit 2008 am Comenius-Institut angegliedert ist. - Evang. Pfarrer, Informatiker und Experte für neue Lerntechnologien, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Comenius Institut, zuständig für die Koordination und Entwicklung von rpi-virtuell. - Weitere Arbeitsschwerpunkte: E-Learning, Freie Bildungsmedien (OER), Digitalisierung in Bildungsprozessen religionspädagogischer Einrichtungen

Artikel: 38

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert