Schulbücher: Scannen und Digitalisieren künftig erlaubt

Die Lehrkräfte an Schulen in Deutschland dürfen künftig urheberrechtlich geschützte Inhalte aus Büchern und Unterrichtswerken auch digital vervielfältigen und den Schülerinnen und Schülern im Unterricht zugänglich machen. Darauf einigten sich die Kultusministerien der Länder mit dem Verband Bildungsmedien sowie den Verwertungsgesellschaften VG WORT, VG Bild-Kunst und VG Musikedition. Bekanntgegeben wurde diese Einigung am 6. Dezember 2012…

Die Lehrkräfte an Schulen in Deutschland dürfen künftig urheberrechtlich geschützte Inhalte aus Büchern und Unterrichtswerken auch digital vervielfältigen und den Schülerinnen und Schülern im Unterricht zugänglich machen. Darauf einigten sich die Kultusministerien der Länder mit dem Verband Bildungsmedien sowie den Verwertungsgesellschaften VG WORT, VG Bild-Kunst und VG Musikedition. Bekanntgegeben wurde diese Einigung am 6. Dezember 2012 in Bonn bei der  340. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz (hier die offizielle Pressemitteilung der KMK).

Künftig dürfen 10 Prozent eines Druckwerks (maximal 20 Seiten) von Lehrkräften für die Veranschaulichung des eigenen Unterrichts eingescannt, auf Speichermedien wie USB-Sticks abgespeichert und über Whiteboards, Beamer, Tablets und Computer den Schülerinnen und Schülern zugänglich gemacht werden. Bisher war dies nur analog, also von Papier auf Papier erlaubt.

Die Vereinbarung im Detail

Die Vereinbarung gilt ab 2013 und umfasst die folgenden Regelungen:

  • Die Lehrkräfte können von Printmedien, auch Unterrichtswerken, die ab 2005 erschienen sind, bis zu 10 % (maximal 20 Seiten) einscannen.
  • Lehrerinnen und Lehrer können diese digitalisierten Materialien ebenfalls für den eigenen Unterrichtsgebrauch vervielfältigen und an ihre Schüler weitergeben, auch zur Unterrichtsvor- und -nachbereitung.
  • Die eingescannten Materialien können zudem für die Schülerinnen und Schüler ausgedruckt werden und außerdem im Unterricht über PCs, Whiteboards und/oder Beamer wiedergegeben werden.
  • Die Lehrerinnen und Lehrer können die Scans zudem im jeweils erforderlichen Umfang auch auf ihren Speichermedien ablegen (z.B. PC, Whiteboard, iPad, Laptop, etc.). Dies umfasst auch die Speicherung auf einem für die individuelle Lehrkraft geschützten Bereich auf dem Schulserver.

Insgesamt wenden die Kultusministerien der Länder dafür im kommenden Jahr neun Millionen Euro auf und stellen damit pro Jahr rund eine halbe Million Euro mehr zur Verfügung als bisher vorgesehen (Pressemitteilung KM Bayern).

Stimmen aus dem Netz

“Um eine völlig lebensfremde Gesetzeslage zu sanieren, zahlen die Länder jetzt Millionen an die Schulbuchverlage,” kritisiert Valentina Kerst, Vorstand des Vereins D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt in einer Pressemitteilung. Hauptprofiteure dieser Regelung seien die drei Großverlage Klett, Cornelsen und Westermann. Diese Verlage teilen 90 Prozent des deutschen Schulbuchmarktes unter sich auf.

“Im Sinne der Unesco Vereinbarung von Paris von 2012 bringt uns die neue Vereinbarung der Kultusministerien und der Bildungsverlage leider keinen einzigen Schritt weiter, denn die Ziele der Pariser Vereinbarung sind weitaus höher anzusiedeln.” konstatiert Damian Duchamps in seinem Blog.

Jörg (rpi-News-Autor) Lohrer
Jörg (rpi-News-Autor) Lohrer
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Ein Kommentar

  1. Auf den ersten Blick: ein nettes Sümmchen für eine sterbende Branche, der es anscheinend schwer fällt sich auf das digitale Zeitalter einzustellen. (Mich würde nebenbei interessieren, wieviel davon nachträglich an die Schulbuchautoren der betroffenen Werke ausgezahlt wird.)

    Man muss wohl zur Kenntnis nehmen, dass mit der Vereinbarung ein klares Bekenntnis der KMK zum bestehenden System der Medienentwicklung verbunden ist, auch wenn die Erlaubnis zur Digitalisierung bestehender Printmedien von manchen als Fortschritt betrachtet wird. Vielleicht ist dieser Pakt auch Ausdruck einer Sorge, dass die Bildungshoheit durch neue Akteure, etwa freie (unkontrollierbare) Bildungsmedien und -initiativen gefährdet sein könnte. Faktisch bilden sich außerhalb der Schulbuchbranche, von Lebensmittelbetrieben bis hin zu Internetsuchmaschinen, massive ökonomische Interessen heraus, mit offenen und für die Lernenden kostenlose Bildungsmedien und -räume aktiv in den Bildungsmarkt eingreifen zu wollen.

    Die Entscheidung bringt ökonomisch keine Impulse, aber impliziert ein Lehrerbild, dem man nur aufs schärfste widersprechen kann.

    Lehrer sind keine Kopierer! Sie trichtern nicht genehmigtes Schulbuchwissen 1:1 in die Köpfe von Schülern.

    Unterrichtende wählen Medien für bestimmte Schüler/gruppen aus, passen sie an, erweitern sie und machen daraus eigene Unterrichtsmedien (Arbeitsblätter, Stationenarbeit, Selbstlernmedien …). Inhalte verschiedener Schulbücher, Aufgabensammlungen, Ausiovisuelle Medien müssen dazu neu zusammengesetzt, mit eigenen Inhalten erweitert und binnen differenziert und inklusiv aufbereitet werden. PC und Internet stellen inzwischen alle notwendigen Werkzeuge zur Verfügung. Gemacht wird es schon lange. Doch spätestens wenn es darum geht, diese neuen Werke im Kollegium weiterzugeben, zu besprechen, zu verbessern, machen wir uns strafbar. Weil unserer Arbeit so gar nicht vorgesehen ist aber zugleich inhaltlich gefordert wird.

    Die Rechte, die Lehrenden nach der Vereinbarung der KMK mit den Verlagen eingeräumt werden, helfen da in keiner Weise weiter.

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