Evangelisch-orthodoxer Dialog in Nöten

Die russisch-orthodoxe Kirche will den Dialog mit der EKD abbrechen. Als Grund wird die Wahl der hannoverschen Bischöfin Margot Käßmann zur EKD-Ratsvorsitzenden genannt. Dies geht aus einer Erklärung des Außenamtes der russischen Kirche hervor. Damit dürfte es nicht mehr zu einer Veranstaltung kommen, mit der Ende November das 50-jährige Jubiläum der offiziellen Beziehung zwischen EKD…

Die russisch-orthodoxe Kirche will den Dialog mit der EKD abbrechen.
Als Grund wird die Wahl der hannoverschen Bischöfin Margot Käßmann zur
EKD-Ratsvorsitzenden genannt. Dies geht aus einer Erklärung des
Außenamtes der russischen Kirche hervor. Damit dürfte es nicht mehr zu
einer Veranstaltung kommen, mit der Ende November das 50-jährige
Jubiläum der offiziellen Beziehung zwischen EKD und der
russisch-orthodoxen Kirche begangen werden sollte.

Frau im Bischofsamt aus orthodoxer Sicht nicht vertretbar?

Eine Frau im
Bischofsamt sei aus orthodoxer Sicht nicht mit den Prinzipien des
Evangeliums vereinbar. Die EKD reagiert mit Unverständnis auf die
Äußerungen aus dem russisch-orthodoxen Außenamt. Käßmann wandte sich
in einem Schreiben direkt an den russischen Patriarchen Kyrill und
drückte das Interesse aneiner Fortsetzung des Dialoges aus.

Die orthodoxen Kirchen in Deutschland erklärten, dass der ökumenische
Dialog in Deutschland von der Moskauer Erklärung nicht betroffen sei.

Warten auf Äußerungen des Patriarchen
Man
sollte weiter beobachten, ob und wie sich der Patriarch weiter zu
dieser Angelegenheit äußern wird. Der für Sprecher des
russisch-orthodoxen Außenamtes könnte ein Hintertürchen für eine
Fortsetzung der Beziehungen angedeutet haben, als er einer russischen
Zeitung sagte, letztlich habe der Patriarch über die Beziehung zur EKD
zu entscheiden.

Christliche Werte und Normen
Es wird sich deshalb herausstellen, ob hier eine
abgestimmte Entscheidung innerhalb der russischen Kirche oder ein
Vorpreschen des Außenamtes vorliegt. Dessen neuer Leiter Bischof
Hilarion Alfejew spricht sich seit einiger Zeit für eine gute
Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche aus und übt dabei zugleich
heftige Kritik an der Entwicklung im Protestantismus, wo er eine
zunehmende Aufgabe traditioneller christlicher Lehren, Werte und Normen
sieht.

Margot Käßmanns Verhältnis zur Orthodoxie ist bereits seit
längerer Zeit von Spannungen geprägt. Im Jahr 2002 hatte sie ihre
Mitgliedschaft im Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen
in Genf aufgrund von "jahrelanger Frustration und Lähmungserfahrungen
in der ökumenischen
Zusammenarbeit mit den orthodoxen Kirchen" niedergelegt.

Weiterlesen

  • DIE ZEIT: "Käßmann-Wahl provoziert Russisch-Orthodoxe" – mehr
  • epd: "EKD reagiert mit Unverständnis auf Äußerungen aus russisch-orthodoxer Kirche" – mehr
  • Spiegel: "Russisch-Orthodoxe beenden Dialog" – mehr

Hintergrund

  • epd: "Stimmungsumschwung in der Ökumene?" (2006)
    "Bischöfe Käßmann und Huber plädieren auf EKD-Synode für neuen Weltbund reformatorischer Kirchen" – Rückblick auf
    Rücktritt aus ÖRK – mehr
  • Internetseite der Orthodox Peace Fellowship:
    Bishop Hilarion Alfeyev: "Will the Ecumenical Ship Sink?" – mehr
  • Nathaniel Davis: "Tribulations, Trials and Troubles for the Russian Orthodox Church"
    Artikel des US-Sozialwissenschaftlers in "Religion in Eastern Europe", Bd XX, Number 6 December 2000 über Zigarettenhandel des orthodoxen Außenamtes, schwule Bischöfe und die Umbrüche in der russischen Orthodoxie. PDF-Datei – mehr

 

ingo koll
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